Blick in die Geschichte: Organisierter Frauenfußball in Berlin

Das Frauenfußball-Team von Tennis Borussia Berlin mit Trainer Horst Nußbaum zu Beginn der 1970er-Jahre. Foto: Sport:Kultur e. V.

Anlässlich des Internationalen Frauentags blickt der BFV auf die Entwicklung des organisierten Frauenfußballs in Berlin zurück.

Seit 1921 wird der Internationale Frauentag am 8. März begangen, in Berlin seit 2019 als gesetzlicher Feiertag. Seit jeher werden an diesem Datum die Erfolge der Frauenrechtsbewegung gefeiert und auf die weiterhin bestehenden Benachteiligungen aufmerksam gemacht.

Im Berliner Fußball sind Frauen und Mädchen weiterhin eine unterrepräsentierte Gruppe, auch wenn sich die Sichtbarkeit in den vergangenen Jahren deutlich erhöht hat. Organisierter Frauenfußball war zwischen 1955 und 1970 unter dem Dach des DFB und seiner Landesverbände verboten. Trotz dessen spielten Frauen in dieser Zeit selbstorganisiert Fußball. Anlässlich des Internationalen Frauentags blickt der BFV auf die Geschichte zurück:

Erste Teamgründungen noch vor Aufhebung des Frauenfußballverbots

Am 30. Juli 1955 verbietet der Deutsche Fußball-Bund seinen Vereinen Frauenabteilungen zu gründen oder Frauen Sportplätze zur Verfügung zu stellen. In den Folgejahren kommt es zur Gründung erster Damenfußballverbände und –vereine sowie zur Austragung erster Auswahlspiele gegen ausländische Teams – auch in Westberlin. Im Oktober 1957 wird im Berliner Mommsenstadion eines der ersten Frauen-Länderspiele zwischen Deutschland und Holland ausgetragen, das die deutsche Elf mit 2:0 gewinnen kann. Nur wenig später findet am 2. und 3. November 1957 auf Initiative der "International Ladies Football Association" (ILFA) die erste inoffizielle Europameisterschaft im Poststadion statt.

Noch vor Aufhebung des Frauenfußballverbots wurden Ende der 1960er Jahre in West-Berlin die ersten Mannschaften gegründet und Mädchen- und Frauenabteilungen gebildet. Bei Tennis Borussia, dem 1. FC Lübars, Wacker 04 und Schwarz-Weiß Spandau kam der Ball ins Rollen - was bis zum 31. Oktober 1970 noch illegal war. Nicht nur Sportfunktionär:innen standen dem Fußball der Frauen ablehnend gegenüber. Auch die Bezirksämter als Träger vieler Sportstätten mussten trickreich ausgespielt werden, indem das Training gelegentlich als Handballspiel angemeldet wurde.

Besondere öffentliche Aufmerksamkeit erhielten in den Anfangsjahren die Frauen von Tennis Borussia. Sie trainierte der ehemalige Profispieler Horst Nußbaum, damals populär als Schlagersänger und Musikproduzent Jack White. Entscheidender für die Entwicklung des Frauenfußballs war jedoch, dass zu Beginn der 1970er-Jahre die Zahl der Mannschaften rasch anstieg und einen regulären Spielbetrieb ermöglichte. Die erste offizielle Stadtmeisterschaft im Westen des geteilten Berlins holte 1972 Schwarz-Weiß Spandau und den ersten Pokalwettbewerb gewann 1974 der BFC Meteor 06.

Zu einer herausragenden Persönlichkeit des Frauenfußballs im Westen der Stadt wuchs Barbara „Charly“ Streuffert von Tennis Borussia. Sie absolvierte im November 1970 im Mommsenstadion ihr erstes Spiel. Als Aktive gewann sie in der Verbandsliga vier Mal den Berliner Meistertitel. Steuffert, die als Sachbearbeiterin im Jugendamt Reinickendorf arbeitete, machte als erste Berlinerin ihre B- und A-Lizenz und übernahm zunehmend Verantwortung, bis ihr schließlich das Trainer:innenamt übertragen wurde. Auch als Coach von TeBe wurde sie zwei Mal Berliner Meister. 1981 und 1983 schaffte es die Mannschaft ins Endspiel um die Deutsche Meisterschaft, in denen sie jeweils der SSG 09 Bergisch Gladbach mit 0:4 und 0:6 unterlag.

Parallele Entwicklung in Ost-Berlin

In Ost-Berlin vollzog sich die Entwicklung des Frauenfußballs weitgehend zeitgleich. In der Berliner Zeitung wurde im April 1971 mitgeteilt, dass bei der BSG EAB Lichtenberg 47 „eine Damen-Fußballmannschaft … ins Leben gerufen“ wurde, die noch „Spielpartner sucht“. Der Fußball-Verband der DDR zeigte sich insgesamt zögerlich und ließ ab September 1971 nur im Rahmen einer Volkssportrunde die Begegnungen austragen. Leistungsträgerinnen der kommenden Jahre waren in Ost-Berlin neben den Lichterberger Frauen die Teams von Motor Köpenick und Kabelwerk Oberspree, die die Meisterschaften dominierten.

In den 1980er-Jahren zeichneten sich in Ost-Berlin Spielerinnen wie Maja Bogs und Kathrin Nicklas aus, die einen leistungsorientierten Fußball anstrebten. Nicklas wurde dann auch für das erste und einzige Länderspiel einer DDR-Frauenauswahl im Mai 1990 berufen.

Nach dem Fall der Mauer und der Deutschen Einheit konnte der Berliner Frauenfußball endlich zusammenwachsen. Der Berliner Fußball-Verband und die Vereine standen vor einer bisher einmaligen Situation, die sie erfolgreich meisterten. So gelang in den Jahren ab 1990 dank der engagierten Arbeit der Aktiven eine sportliche und organisatorische Weiterentwicklung des Frauen- und Mädchenfußballs in Berlin. Der Blick auf die Anfänge vor etwa fünf Jahrzehnten zeigt jedoch, dass weder organisierter Frauenfußball noch ein Gesamtberliner Spielbetrieb zu allen Zeiten eine Selbstverständlichkeit waren.