125 Jahre BFV: Frauenfußball von den Anfängen bis heute

Das Frauenfußball-Team von Tennis Borussia Berlin mit Trainer Horst Nußbaum zu Beginn der 1970er-Jahre.

Zum Endspieltag des Polytan-Pokals skizziert der BFV die historische Entwicklung des organisierten Frauenfußballs in Berlin.

Anlässlich des 125-jährigen Jubiläums des BFV im Jahr 2022 blicken Daniel Küchenmeister und Thomas Schneider vom Verein Sport:Kultur e.V. in einer Artikelserie auf die bewegte Geschichte des Berliner Fußballs zurück. Dazu erscheinen in regelmäßigen Abständen Texte zu vielfältigen historischen Themen. Zum Endspieltag des Polytan-Pokals befasst sich dieser Beitrag mit der Entwicklung des organisierten Frauenfußballs im geteilten Berlin und nach der Wiedervereinigung.

Erste Teamgründungen noch vor Aufhebung des Frauenfußballverbots

Als die Berliner Mauer die Stadt bereits seit acht Jahren teilte, begann die moderne Geschichte des Frauenfußballs in beiden Teilen der Stadt. 1969 wurden in West-Berlin die ersten Mannschaften gegründet und Mädchen- und Frauenabteilungen gebildet. Bei Tennis Borussia, dem 1. FC Lübars, Wacker 04 und Schwarz-Weiß Spandau kam der Ball ins Rollen. Da der DFB sein Verbot des Frauenfußballs erst ein Jahr später aufhob, kickten die Frauen anfangs illegal. Doch nicht nur Sportfunktionäre standen dem Fußball der Frauen ablehnend gegenüber. Auch die Bezirksämter als Träger vieler Sportstätten mussten trickreich ausgespielt werden, indem das Training gelegentlich als Handballspiel angemeldet wurde.

Besondere öffentliche Aufmerksamkeit erhielten in den Anfangsjahren die Frauen von Tennis Borussia. Sie trainierte der ehemalige Profispieler Horst Nußbaum, damals populär als Schlagersänger und Musikproduzent Jack White.

Entscheidender für die Entwicklung des Frauenfußballs war jedoch, dass zu Beginn der 1970er-Jahre die Zahl der Mannschaften rasch anstieg und einen regulären Spielbetrieb ermöglichte. Die erste offizielle Stadtmeisterschaft im Westen des geteilten Berlins holte 1972 Schwarz-Weiß Spandau und den ersten Pokalwettbewerb gewann 1974 der BFC Meteor 06.

Zu einer herausragenden Persönlichkeit des Frauenfußballs im Westen der Stadt wuchs Barbara „Charly“ Streuffert von Tennis Borussia. Sie absolvierte im November 1970 im Mommsenstadion ihr erstes Spiel. Als Aktive gewann sie in der Verbandsliga vier Mal den Titel des Berliner Meisters. Steuffert, die als Sachbearbeiterin im Jugendamt Reinickendorf arbeitete, machte als erste Berlinerin ihre B- und A-Lizenz und übernahm zunehmend Verantwortung, bis ihr schließlich das Traineramt übertragen wurde. Auch als Coach von TeBe wurde sie zwei Mal Berliner Meister. 1981 und 1983 schaffte es die Mannschaft ins Endspiel um die Deutsche Meisterschaft, in denen sie jeweils der SSG 09 Bergisch Gladbach mit 0:4 und 0:6 unterlag. 1990/91 führte Streuffert die TeBe-Frauen in die damals zweigleisige Frauen-Bundesliga.

Parallele Entwicklung in Ost-Berlin

In Ost-Berlin vollzog sich die Entwicklung des Frauenfußballs weitgehend zeitgleich. In der Berliner Zeitung wurde im April 1971 mitgeteilt, dass bei der BSG EAB Lichtenberg 47 „eine Damen-Fußballmannschaft … ins Leben gerufen“ wurde, die noch „Spielpartner sucht“. Der Fußball-Verband der DDR zeigte sich insgesamt zögerlich und ließ ab September 1971 nur im Rahmen einer Volkssportrunde die Begegnungen austragen. Leistungsträger der kommenden Jahre waren in Ost-Berlin neben den Lichterberger Frauen die Teams von Motor Köpenick und Kabelwerk Oberspree, die die Meisterschaften dominierten.

In den 1980er-Jahren zeichneten sich in Ost-Berlin Spielerinnen wie Maja Bogs und Kathrin Nicklas aus, die einen leistungsorientierten Fußball anstrebten. Nicklas wurde dann auch für das erste und einzige Länderspiel einer DDR-Frauenauswahl im Mai 1990 berufen.

Nach dem Fall der Mauer und der Deutschen Einheit konnte der Berliner Frauenfußball endlich zusammenwachsen. Der Berliner Fußball-Verband und die Vereine standen vor einer bisher einmaligen Situation, die sie erfolgreich meisterten. So gelang in den Jahren ab 1990 dank der engagierten Arbeit der Aktiven eine sportliche und organisatorische Weiterentwicklung des Frauen- und Mädchenfußballs in Berlin. Der Blick auf die Anfänge vor etwa fünf Jahrzehnten zeigt jedoch, dass weder organisierter Frauenfußball noch ein Gesamtberliner Spielbetrieb zu allen Zeiten eine Selbstverständlichkeit waren.

Folgende Artikel sind im Rahmen der Serie „125 Jahre BFV“ bereits erschienen:

Teil 1: Berlin im Pokalfieber (zur Historie der Berliner Pokalwettbewerbe) – nachzulesen im e-Paper „Pokalfieber“ (ab Seite 38)

Teil 2: Die „VAR Traditionsgemeinschaft des Fußballsports Berlin e.V.“ – zum Artikel