Streaming-Tipp: Doku „Schwarze Adler“ startet

Produziert hat die Doku Broadview Pictures, die mit früheren Sportfilmen wie „Kroos“ oder „Nowitzki: Der perfekte Wurf“ bereits Erfolge feiern konnten. Foto: Amazon Prime.

Ehemalige und aktuelle deutsche Nationalspieler:innen erzählen in der Dokumentation auf Amazon Prime von ihren Erfahrungen mit Rassismus.

Der deutsche Fußballheld wurde lange Zeit weiß gedacht, geträumt und verehrt. Auch noch, als längst unzählige Schwarze Spielerinnen und Spieler in der Bundesliga brillierten und einige den Adler auf der Brust trugen. Der Dokumentarfilm „Schwarze Adler“ startet am Donnerstag, den 15. April 2021 exklusiv auf Amazon Prime Video. Produziert hat Broadview Pictures, denen mit früheren Sportfilmen wie „Kroos“ oder „Nowitzki: Der perfekte Wurf“ der Spagat gelang, von Kritik und Publikum gleichermaßen gefeiert zu werden.

Gerald Asamoah, der erste in Afrika geborene deutsche Nationalspieler; Steffi Jones, die „das Gesicht“ der Frauen-WM 2011 war und später Bundestrainerin wurde; Jimmy Hartwig, in den Achtzigern einer der torgefährlichsten Mittelfeldspieler der Bundesliga, der dennoch nur zweimal für Deutschland spielte; Cacau, Stürmer 2010 in Südafrika und von 2016-21 DFB-Integrationsbeauftragter sowie auch Jean-Manuel Mbom, der gerade mit der U21-Nationalmannschaft die Qualifikation für die EM-Endrunde geschafft hat – sie und viele andere erzählen ihre bewegende Geschichte in „Schwarze Adler“.

Überraschende, schockierende und bewegende Eindrücke

Welchen Weg haben sie hinter sich gebracht, bevor sie dort angekommen waren, wo wir ihnen zujubelten? Welche Hürden mussten sie überwinden? Welchen Vorurteilen und Anfeindungen waren sie ausgesetzt – und wie war das früher, wie ist es heute? Um diese Fragen zu beantworten, braucht der Film keine Off-Stimme. Alle Schwarzen Spielerinnen und Spieler der deutschen Fußballnationalmannschaft berichten persönlich. Oft ist man überrascht, manchmal schockiert, fast immer bewegt. Gemeinsam erzählen sie damit, so sagt Regisseur Torsten Körner, „die Geschichte eines Landes, das noch lange nicht dort angekommen ist, wo es meinte, schon vor Jahren gewesen zu sein.“

Fußballhistorisch beginnt „Schwarze Adler“ mit Guy Acolatse. Der Fußballer aus Togo spielte zu Beginn der sechziger Jahre für den Nord-Regionalligisten FC St. Pauli. Der Film zeigt die rassistischen Ausschreitungen gegen Jimmy Hartwig und Rigobert Gruber in den Siebzigern, Angriffe, die nirgends problematisiert wurden. Normaler Krawall, gehört zum Fußball, so urteilte der Zeitgeist. Mehrere Protagonisten des Films berichten darüber, dass sie, bedrückt durch das Gefühl, als anders wahrgenommen zu werden, sich als Kinder und Jugendliche am liebsten mit Seife weißwaschen wollten. „Schwarze Adler“ zeigt alle großen und viele persönliche Momente der Geschichte.

Von Erwin Kostedde bis Jordan Torunarigha

Zu sehen sind Bilder von Erwin Kosteddes Länderspiel 1974 als erster Schwarzer Nationalspieler. Jimmy Hartwig erzählt von dem Moment, als ihn „der Fußball gerettet“ hat. Der Vater eines Mitspielers beschwerte sich, wieso „der schwarze Hartwig“ und nicht sein Sohn spiele. „Weil er besser ist“, entgegnete sein damaliger Jugendtrainer. Souleymane Sané, Anthony Yeboah und Anthony Baffoe verfassten 1990 als Reaktion auf anhaltende rassistische Diskriminierungen einen offenen Brief. Ihre Anklage: „Wir schämen uns für alle, die gegen uns schreien“. 1997 liefen Asamoah und Otto Addo für Hannover 96 in Cottbus auf, der Aufstieg in die 2. Bundesliga stand auf dem Spiel. Bananen flogen, rassistische Sprechchöre begleiteten ihre Aktionen. Bis heute kann Gerald Asamoah nicht verstehen, dass anschließend niemand mit ihnen sprach. Im Mai 2001 nominierte ihn dann Rudi Völler – als ersten in Afrika geborenen deutschen Nationalspieler. Der WM-Führer 2006 der NPD mit dem Schriftzug „Weiß – Nicht nur eine Trikot-Farbe“, Cacaus Tor im Auftaktspiel in Südafrika und der gemeinsame Jubel mit Mesut Özil, für ihn bis heute „ein Spiegelbild für das, was diese Nationalmannschaft 2010 bedeutet hat“, die Diskussion über das Nicht-Singen der Hymne, die rassistische „nicht als Nachbar“-Attacke gegen Jérôme Boateng 2016, der Platzverweis von Jordan Torunarigha im Frühjahr 2020, als der Herthaner nach etlichen rassistischen Anfeindungen einen Wasserkasten hinwarf - der Film erzählt gründlich und immer mit neuen Einblicken die Schlüsselmomente der Geschichte der „Schwarzen Adler“.

Broadview Pictures hat mit „Ein amerikanischer Held – Die Geschichte des Colin Kaepernick“ und „Breath of Freedom“ bereits zwei viel beachtete Dokumentationen zum Thema Rassismus gedreht. Nun also „Schwarze Adler“. Regie führte Torsten Körner, dessen ARD-Filme über die Bundeskanzlerin („Angela Merkel – Die Unerwartete“, 2016) und die Flüchtlingskrise („3 Tage im September“, 2017) starke Einschaltquoten hatten. Produzent ist wie schon bei „Kroos“ und „Nowitzki“ Emmy-Gewinner Leopold Hoesch.

Jean-Manuel Mbom blickt optimistisch in die Zukunft. „Wir sind einen weiten Weg gegangen, mein Leben ist schon ganz anders als das Leben einer Schwarzen Person früher. Aber wir müssen weiter gehen.“ Ein Schritt auf diesem gemeinsamen Weg könnte sein, sich die Doku „Schwarze Adler“ anzuschauen.