Berliner Referees bei den Special Olympics

Vom 19. bis 24. Juni 2022 fanden die nationalen Special Olympics statt. 30 Berliner Schiedsrichter:innen aus allen Bereichen kamen zum Einsatz.

Bereits im Dezember 2021 begann die Planung für den Einsatz von Berliner Schiedsrichter:innen bei den nationalen Special Olympics. Angefordert wurden pro Tag 27 Schiedsrichter:innen, die von 9Uhr bis 17Uhr im Einsatz waren. In der Vorbereitung wurden Webinare zur Geschichte und zum Umgang mit den Athlet:innen der Special Olympics durchgeführt. Es gab Schulungen zu den Spielregeln, es wurde eine recht komplizierte Registrierung und Akkreditierung durchlaufen und es gab eine Einkleidung durch den Veranstalter. Die größte Schwierigkeit bestand jedoch darin, Unparteiische zu finden, die eine ganze Woche frei bekommen, um diesem Event beizuwohnen. Dank Luis Bass und den Schiedsrichtern aus dem Senioren- und Kleinfeldbereich, konnte die nach ersten Abfragen entstandene Lücke geschlossen werden.

Was sind die Special Olympics?

Die Special Olympics ist die größte Sportveranstaltung für Menschen mit einem geistigen oder mit einem mehrfach körperlichen Handicap. In rund 20 Sportarten wurde in Berlin und Umgebung um Medaillen auf nationaler Ebene gekämpft. Die Spiele dienten auch als Qualifikation für die World Special Olympics, welche im nächsten Sommer in Berlin ausgetragen werden. Für das Fußballturnier gab es vier verschiedene Kategorien. Es gab ein Frauenturnier, ein U21-Turnier, ein Traditonal-Turnier und eine Unified-Turnier. Bei den Spielen galt immer 7 gegen 7 mit der Besonderheit bei Unified, dass die Athlet:innen hier von sogenannten Partner:innen, das sind Menschen ohne Handicap, auf dem Feld unterstützt werden konnten. Die Spiele wurden am Sonntag, den 19. Juni 2022 vor ca. 11000 Zuschauern in der Alten Försterei mit einer bunten Party, mit einem Konzert der Band MIA und mit vielen olympischen Elementen wie dem Einmarsch der Athlet:innen sowie dem entzünden der Flamme, eröffnet.

 

Tag 1: Der Morgen begann auf der Stadtautobahn mit einem dicken Stau, Starkregen, Umweltaktivisten und jeder Menge Anrufe. Am Treffpunkt Glockenturm angekommen, wurde zunächst die Kleidung verteilt und eine Begrüßung sowie eine letzte kurze Einweisung durch die Turnierleitung durchgeführt. Leander Dietz und ich stimmten mit motivierenden Worten ebenfalls noch einmal alle ein, bevor es dann ab 12 Uhr endlich auf die Sportplätze ging. In einer Klassifizierungsrunde wurden durch sogenannte Spielbeobachter eingeschätzt, welche Mannschaften in einer Spielzeit von acht Minuten, homogenen Leistungsgruppen zugeteilt werden.

 

Tag 2: Mit guter Laune trafen wir sich alle Schiedsrichter:innen um 9 Uhr in unserem Zelt. Bei Kaffee oder Kaltgetränken wurde auf die Änderungen im Vergleich zum Vortag hingewiesen. Bei 25 Grad wurde in den nun erstellten Gruppen bei 2x12 Minuten Spielzeit etwas körperbetonter gespielt, sodass ein eingreifen unsererseits häufiger erforderlich wurde. Leider gab es aber auch einen ersten positiven Coronafall in unseren Reihen, was eine kurzfristige Planungsänderung erforderte. Besonders erfreulich war jedoch, dass sich Schiedsrichter:innen und Mannschaften annäherten und es erste Gespräche gab. Ein Mädchen einer U21-Mannschaft fragte uns, wie man eine gelbe Karte bekommt. Wir schenkten ihr dann direkt eine gelbe und eine rote Karte, welche sie dann vor lauter Freude nicht mehr losließ und damit sogar eingewechselt werden wollte. Ebenso lagen zum Mittagessen ein Shirt und ein Poster mit dem Logo der Special Olympics in unserem Zelt zum Unterschreiben bereit.

 

Tag 3: Die nächsten Hiobsbotschaften erreichten uns - zwei weitere positive Fälle in unseren Reihen. Also wieder kurzfristige Umplanungen im Zug auf dem Weg nach Berlin sowie viele Anrufe und Nachrichten um 8 Uhr morgens. Angekommen um 9 Uhr morgens herrschten bereits gefühlte 30 Grad und die Sonne knallte auf das Maifeld. Motiviert und gut gelaunt begann die Vormittagssession problemlos. Als wir dann mittags Besuch von Schiedsrichter:innen bekamen, welche nicht am Turnier teilnehmen konnten, kam große Freude und auch ein Austausch mit Außenstehenden auf, welcher allen gut tat. Am Nachmittag dann der erste und einzige richtige Ärger in dem Turnier. Bei einem Spiel kam es nach einem Zweikampf zu einer Tätlichkeit, ausgeführt durch einen zuschauenden Spieler. Nach langen Beratungen gab es eine Art Sportgerichtanhörung durch die Turnierleitung mit dem beteiligten Schiedsrichter. Hier wurde uns vollends der Rücken gestärkt und die betroffene Person umgehend vom Turnier ausgeschlossen.

 

Tag 4: Es wurde von Tag zu Tag wärmer. Die Spiele liefen, sodass man sich auch mal zu anderen Sportarten begeben konnte. Für Leander Dietz, Stefan Schumacher und mich ging es zum Tischtennis und zum Handball. Stefan, der sich kurz vor dem Turnier verletzt hatte, unterstützte uns während des Turniers bei sämtlichen zu erledigenden Aufgaben, dafür vielen Dank! Zum Mittag bekamen wir dann erneut Besuch. Katrin Holtwick vom Orgateam kam vorbei, um mal nach uns zu schauen. Nach einem Austausch zu den nicht ganz optimalen Umkleide- und Duschmöglichkeiten versprach sie, dies in die Planung der Weltspiele einzubauen. Im Anschluss dankten Luis, Leander und ich ihr, im Namen aller, für die sehr enge Zusammenarbeit mit einem kleinen Geschenk.

 

Tag 5: Die letzten Spiele und die Siegerehrungen standen an.

Im Schatten des Olympiastadions, wo 1936 ein Regime die Olympischen Spiele ausrichtete, welches sich gegen alle Menschen, die nicht in ihre Ideologie passten, ausschloss, wurden mit großen Emotionen die Medaillen u.a. von Fußballweltmeister Philipp Lahm an Sportler:innen übergeben, die sicher nicht den Fußball spielen, wie wir ihn kennen. Sportler:innen, die voller Leidenschaft kämpften, voller Respekt und Achtung, voller positiver Energie und voller Lebenslust zeigten, dass sie niemals unterschätzt werden dürfen und die immer ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft sein sollten. Mit uns Schiedsrichtern hat dieses Turnier einiges gemacht. In Gespräche mit den Trainer:innen der Mannschaften, aber auch mit den Athlet:inneen selbst, wurde uns deutlich gemacht, wie sich der Alltag der Sportler:innen darstellt. Man spürte eine tiefe Dankbarkeit, nur weil man sich Zeit für ein Foto oder für eine Unterschrift genommen hat und man selbst war berührt, wenn man zu einer Mannschaft gerufen wurde, die ein Trikot eben jener Athlet:innen bekommen hat, die es leider schwer haben in unserer allgemeinen Gesellschaft.

Andy Weißenborn