Mehmet Matur: Abschied eines Brückenbauers

Nach dem Rücktritt als Vizepräsident Gesellschaftliche Verantwortung spricht Mehmet Matur über die Entscheidung, seine Zeit beim BFV und die Zukunft.

Beim BFV-Verbandstag am 18. September 2004 wählten die Delegierten Mehmet Matur in das Präsidium des Berliner Fußball-Verbands. Fast 20 Jahre liegt dieses Datum zurück. In verschiedenen Positionen gehörte der heute 64-Jährige seither ununterbrochen dem Gremium an – zuletzt als Vizepräsident Gesellschaftliche Verantwortung. Auf der Präsidiumssitzung am 4. September 2024 gab Mehmet Matur nun seinen sofortigen Rücktritt aus persönlichen Gründen bekannt und erhielt für sein Engagement die BFV-Ehrennadel in Gold. Mit Dr. Özgür Özvatan ist sein Nachfolger bereits berufen. Er wird das Amt zunächst kommissarisch bis zum Ordentlichen Verbandstag 2025 bekleiden (zum Artikel).

Anlässlich seines Abschieds spricht Mehmet Matur im Interview über zwei Jahrzehnte BFV, unvergessliche Momente und die Entwicklung des Berliner Fußballs:

Hallo Mehmet, in nicht einmal zwei Wochen hätte sich dein Dienstantritt im BFV-Präsidium zum 20. Mal gejährt. Wie kam es zu der Entscheidung das Gremium mit sofortiger Wirkung und somit vor den Neuwahlen im November 2025 zu verlassen?

Mehmet Matur: Die Entscheidung ist mir nicht leichtgefallen und hat persönliche Gründe. Ich hatte eine großartige Zeit im BFV-Präsidium, die mir sehr viel Freude bereitet hat und in der wir zahlreiche wichtige Projekte umsetzen konnten. In den letzten Jahren musste ich allerdings feststellen, dass mir die Kraft gefehlt hat, meine Aufgaben mit den benötigten, vollen 100 Prozent anzugehen. Es reifte also der Entschluss, jemanden zu finden der bereit ist, meine Nachfolge anzutreten und auch die Kraft dafür hat. Mit Özgür Özvatan haben wir eine hervorragende Nachbesetzung für die Position des Vizepräsidenten Gesellschaftliche Verantwortung gefunden. Ich denke, das ist die beste Entscheidung im Sinne des Berliner Fußballs.

Wenn du zurückdenkst an den BFV-Verbandstag 2004, als die Delegierten dich ins Präsidium wählten: Mit welcher Motivation hast du dich damals zur Wahl aufstellen lassen?

Zu dem Zeitpunkt kannte ich den Berliner Fußball bereits sehr gut, hatte 20 Jahre Vereinsarbeit gemacht. Ich wollte bewusst den Schritt auf Verbandsebene gehen, um etwas für alle Berliner Vereine zu bewegen. Es war und bleibt wichtig, dass Menschen mit Migrationshintergrund auch auf Verbandsebene repräsentiert wurden. Mit meiner Perspektive konnte ich Brücken bauen, mich für ein respektvolles Miteinander, für Verständnis und Fairplay einsetzen.

Dabei hast du dich nicht nur für den Berliner Fußball engagiert, sondern dich auch auf Bundesebene in den DFB-Gremien für Integration und Vielfalt eingesetzt.

Richtig, die Kommissionsarbeit im Bereich Integration des Deutschen Fußball-Bundes war immer auch Teil meiner Arbeit. Im Berliner Fußball sind während meiner Amtszeit viele Projekte entstanden, die dann auch auf Bundesebene eingeführt wurden. Im Bereich Gesellschaftliche Verantwortung hat Berlin, damals wie heute, eine Vorreiterrolle inne. Ich war 2004 zum Beispiel auch das erste Mitglied eines Verbandsvorstands im Deutschen Fußball mit einer Migrationsgeschichte.

Welche Momente bleiben dir aus fast 20 Jahren im BFV-Präsidium besonders in Erinnerung?

Da könnte ich sehr viele Momente nennen, aber besonders in Erinnerung bleibt das erste Integrationsfest, das wir in Berlin veranstaltet haben. Auch die interkulturelle Fußballbegegnung „Priester gegen Imame“ werde ich nicht vergessen. Vor allem die Auflage im Jahr 2009 als der heutige König und damalige Prinz Großbritanniens, Charles, mit seiner Frau Camilla zu Gast war.

Eine legendäre Geschichte – wie kam es zu dem royalen Besuch?

Wir haben gezielt angefragt. Wir hatten damals bereits Projekte gemeinsam mit der britischen Botschaft umgesetzt und der haben wir den Vorschlag gemacht, ob Prinz Charles unsere Veranstaltung „Pfarrer gegen Imame“ besuchen wolle – er war ja immer sehr interessiert an sozialen Themen. Gemeinsam mit unserem Präsidenten Bernd Schultz haben wir dann ein Schreiben aufgesetzt und Charles, Camilla und den damaligen britischen Botschafter in Berlin eingeladen.

Es kam eine Zusage. Wie lange hattest du Zeit, dich mit Prinz Charles bei dem Termin zu unterhalten?

Eigentlich war ein Zeitraum von zwei Minuten vorgesehen, um ihm von der Integrationsarbeit und dem Engagement gegen Rassismus und Diskriminierung des BFV zu berichten. Es wurden am Ende mehr als fünf Minuten daraus, weil er sehr interessiert war und auch Nachfragen gestellt hat.

Du hast dich selbst als „Brückenbauer“ bezeichnet. Wie genau kann man das verstehen?

Sport ist ein Integrationsmotor, der ein großes Potential hat, um Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen zusammenzubringen. Um dieses Potential auszuschöpfen, braucht es Multiplikatoren, die gezielt auf Personen zugehen, um gemeinsame Projekte zu entwickeln und darüber zu sprechen. Ich habe meine Aufgabe immer auch darin gesehen, Brücken zwischen den Vereinen untereinander und zum Verband zu bauen.

Dieses Bild passt sehr gut zum neuen Leitbild des BFV und zur Vision: „EIN TEAM BERLIN.“ Wie siehst du den eingeschlagenen Weg?

Das ist absolut der richtige Weg, der jetzt auch gelebt werden muss. Der BFV ist Vertreter seiner Mitgliedsvereine und muss sich dementsprechend immer für ihre Interessen einsetzen. Gemeinsam gilt es, den Berliner Fußball weiterzuentwickeln. Das Projekt „Future BFV“ ist ein großer Schritt in die richtige Richtung.

Du bist mit sofortiger Wirkung von deinem Amt zurückgetreten. Bleibst du dem Berliner Fußball in anderer Form erhalten?

Ich werde nie so ganz vom Berliner Fußball wegkommen. Ich bin weiterhin beratend für meinen Verein, Türkiyemspor Berlin, tätig. Wenn der BFV meine Erfahrung oder meinen Rat in Zukunft benötigen sollte, werde ich für den Verband da sein. Klar ist jedoch, dass ich nicht mehr in dem Umfang wie früher tätig sein kann und werde.

Möchtest du deinem Nachfolger, Özgür Özvatan, noch etwas mitgeben?

Er weiß, dass er mich jederzeit kontaktieren kann. Ansonsten bin ich überzeugt, dass er der richtige für diese Aufgabe ist. Ich kenne Özgür schon lange. Mit seinem akademischen und beruflichen Hintergrund ist er perfekt geeignet. Zudem ist er sehr zielstrebig und kennt den Berliner Fußball und die unterschiedlichen Vereine sehr gut aus seiner Zeit als Spieler.

Mehmet, vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für die Zukunft.

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