Mit dem Präventionsbericht zu Gewaltauftreten im Berliner Amateurfußball zur Saison 2022/2023 veröffentlicht der Berliner Fußball-Verband zum zweiten Mal eine umfangreiche statistische Aufarbeitung der sportgerichtlich erfassten Gewaltvorfälle im BFV-Spielbetrieb. Darin wurden insgesamt 2.557 Vorgänge, und damit knapp 500 Fälle mehr als in der Vorsaison, analysiert, die im Untersuchungszeitraum durch die Sportgerichtsbarkeit oder die Staffelleitungen der spieltechnischen Ausschüsse des Berliner Fußball-Verbandes bearbeitet wurden.
In rund der Hälfte dieser Fälle lagen physische oder psychische Gewalthandlungen als Tatbestand vor. Fälle von Gewalt, die nicht sportgerichtlich bearbeitet wurden, gingen nicht in den Bericht ein. In weniger als 2,3 Prozent (2,8 Prozent im Vorjahr) aller 34.466 erfassten Begegnungen der Saison 2022/23 (30.479 im Vorjahr) kam es zu mindestens einem Gewaltvorfall, der sportgerichtlich bearbeitet wurde. Der Präventionsbericht ermöglicht einen genaueren Blick auf diese Fälle im Hinblick auf Tatsituationen, Täter:innen- und Opfergruppen sowie Konsequenzen.
„Verantwortung anerkennen und umsetzen“
„Gewalt ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, dessen Tragweite uns durch die jüngsten An- und Übergriffe auf deutsche Politiker:innen aktuell schmerzlich vor Augen geführt wird. Auch im Sport zeigt sich dieses Problem und als Berliner Fußball-Verband arbeiten wir kontinuierlich daran, gewaltsame Verhaltensweisen auf den Fußballplätzen der Hauptstadt zu erkennen, zu ahnden und diesen präventiv entgegenzuwirken. Die zweite statistische Aufarbeitung der sportgerichtlich erfassten Gewaltvorfälle im Berliner Amateurfußball ist ein wichtiger Meilenstein auf diesem Weg“, sagt BFV-Präsident Bernd Schultz. „Der Bereich Gewalt- und Diskriminierungsprävention im BFV konnte zuletzt weiter ausgebaut werden und bleibt ein elementarer Bestandteil in der Bestrebung des Verbandes, ein faires und friedliches Miteinander auf Berlins Plätzen zu schaffen, so dass jeder Akteur und jede Akteurin ungestört und mit Freude dem Fußballhobby nachgehen kann.“
Theresa Hoffmann, die als Abteilungsleiterin Gesellschaftliche Verantwortung und Referentin Schiedsrichter:innenwesen im BFV-Hauptamt federführend für die Erstellung des Reports verantwortlich war, erklärt: „Die Statistiken als Belege physischer und verbaler Gewalt werden vom Berliner Fußball-Verband sehr ernst genommen und es bleibt ein zentrales Bestreben der Verbands- aber auch der Vereinsarbeit, das Gewaltauftreten auf den Berliner Fußballplätzen einzudämmen. Um langfristig eine Verbesserung der Gewaltsituation im BFV zu erwirken ist es notwendig, dass alle Beteiligten in den Vereinen und im Verband, ihre Verantwortung anerkennen und umsetzen, auch wenn dies zeit- und kraftaufwendig ist.“
Auszüge aus den Ergebnissen des Präventionsberichts
- Verbale Gewaltvorfälle (23,19 Prozent) machen den größten Anteil aller sportgerichtlich bearbeiteten Tatbestände der Saison 2022/23 aus. Es folgen Unsportlichkeiten (22,6 Prozent) und Tätlichkeiten (16,7 Prozent).
- 54,04 Prozent der bearbeiteten Gewaltvorfälle waren verbaler, 45,96 Prozent physischer Natur.
- Gewalthandlungen sind im Berliner Fußball hauptsächlich auf die männlichen Spielbetriebsbereiche zurückzuführen (Herren: 51,00 Prozent aller sportgerichtlich bearbeiteten Fälle; A- bis E-Junioren kumuliert: 39,43 Prozent; Senioren und Altliga kumuliert: 7,96 Prozent).
- Sportgerichtlich bearbeitete Gewaltvorfälle bei den Frauen (0,62 Prozent) und bei den Juniorinnen (B- bis D-Juniorinnen kumuliert 0,99 Prozent) sind deutlich seltener.
- Über alle Spielbetriebsbereiche und Altersklassen des männlichen Bereichs hinweg lässt sich das Muster erkennen, das Gewaltvorfälle (sowohl verbal als auch physisch) zeitlich vorwiegend ab der Mitte der zweiten Halbzeit der jeweiligen Partie auftreten.
- Vorfälle verbaler Gewalt gehen hauptsächlich (80,23 Prozent) von Spieler:innen aus. Darauf folgen gemäß prozentualer Verteilung Trainer:innen (10,35 Prozent) und Zuschauende (4,83 Prozent). Auffällig ist dabei, dass es häufiger die Spieler:innen und Trainer:innen der Gastteams sind, von denen verbale Gewalt ausgeht.
- Betrachtet man über alle Sportgerichtsurteile hinweg die Dauer, die benötigt wurde, um ein Urteil auszusprechen, ist ersichtlich, dass die Sportgerichte in 30 Prozent der Verfahren innerhalb eines Monats ein Urteil gefällt haben. 70,02 Prozent der Fälle sind innerhalb von zwei Wochen bearbeitet worden.
Der komplette Präventionsbericht als PDF-Datei zum Download
Zur kompakteren Zusammenfassung des Berichts
Die Analyse zur Saison 2021/2022 kann hier zum Vergleich eingesehen werden.