„Genau das ist es, was ich zum Leben brauche“

Wolfgang Sandhowe steht mit Makkabi Berlin das zweite Mal in Folge im COSY-WASCH Landespokalfinale. Foto: Sandra Ritschel.

Vor dem Finale gegen Viktoria Berlin sprach TuS Makkabis Trainer-Legende Wolfgang Sandhowe im Interview über seine Karriere und das Endspiel.

Am Samstag, den 25. Mai 2024 stehen sich der FC Viktoria 1889 Berlin und der TuS Makkabi Berlin im Rahmen des „Finaltags der Amateure“ im Endspiel um den COSY-WASCH Landespokal der 1. Herren gegenüber. Anpfiff im Hans-Zoschke-Stadion (Normannenstr. 28, 10365 Berlin) ist um 11:45 Uhr. Tickets können ausschließlich im Online-Ticketshop erworben werden. Zudem können alle Fans über den dazugehörigen TEAM BERLIN APP-Channel und die Gewinnspiel-Aktion „Dein Finalmoment“ ins „Pokalfieber“ eintauchen. 

Im Vorfeld der Begegnung stand TuS Makkabis Coach Wolfgang Sandhowe im Interview Rede und Antwort zu seiner langen Trainerkarriere, dem letztjährigen Pokalsieg und dem anstehenden Endspiel: 

 

Herr Sandhowe, herzlichen Glückwunsch zum Einzug in das Finale des COSY-WASCH Landespokals! Sie stehen das zweite Jahr in Folge im Endspiel. Was ist das für ein Gefühl? 

Es ist ein super Gefühl! Die Jungs waren total glücklich. Wir haben im Halbfinale noch mal richtig Gas gegeben und uns den Stolz, es wieder dahin geschafft zu haben, wo wir von Beginn an hinwollten, verdient.

Zum ersten Mal gewann letzte Saison mit TuS Makkabi ein jüdisch geprägter Verein einen Landespokal. Welche Bedeutung hatte der Titel für das gesamte Vereinsumfeld? 

Als im Finale der Schlusspfiff kam, sind wir alle auf den Platz gelaufen und haben uns umarmt. Dann kam der Präsident von der Tribüne herunter, ich kam ihm entgegen und wir hatten beide Tränen in den Augen. Er sagte ‚Trainer, was Sie geschafft haben, ist historisch‘, und ich sagte: ‚Nein, nicht ich, sondern wir gemeinsam. Der Verein hat das geschafft‘. Dieses Gefühl von Stolz war für mich sehr wichtig. Das kann man sich nicht vorstellen, was für eine Wirkung das ausgelöst hat. Fernsehen aus Israel, israelisches Fernsehen aus Amerika, plötzlich bist du in aller Munde. Inzwischen ist alles wieder in geregelten Bahnen, aber es war ein tolles Erlebnis.

Im DFB-Pokal haben Sie in der ersten Runde unter hohem medialem Interesse den VfL Wolfsburg empfangen. Welche Erinnerungen haben Sie an dieses besondere Spiel? 

Das damalige Trainerteam von Wolfsburg, Nico und Robert Kovač, die wollte ich in den 90ern als Spieler zu mir zu den Füchsen Reinickendorf holen. Dann bin ich aber zum 1. FC Nürnberg gegangen, wo mein Freund Hermann Gerland Trainer war, und der fragte mich, ob ich nicht noch einen guten Manndecker kennen würde. Da habe ich Robert Kovač empfohlen. Der hat dann dort nach jedem Training noch Sonderschichten eingelegt und sich damit zum kroatischen Nationalspieler hochgearbeitet. Er hat dann zu mir gesagt, dass er mir alles zu verdanken hat. Das war eine schöne Geschichte dieses Spiels.

Seit fast 40 Jahren sind sie im Trainergeschäft tätig. Sie sagten mal, Sie würden sich selbst als ehrlichen, verrückten Trainer bezeichnen. Worauf genau können sich Mannschaften einstellen, wenn Sie das Traineramt übernehmen? 

Sie müssen marschieren, viel Pressing im Training üben und ich sage jedem Spieler meine Meinung darüber, was er verbessern muss und ob er eine Chance hat. Ich bin da ganz ehrlich. Und die Spieler sagen dann immer ‚Der Trainer ist hart, aber er hat ein gutes Herz‘. Das Wichtigste ist: Wenn du über die weiße Linie gehst, dann musst du Gas geben, sonst spielst du nicht. Das ist meine Maxime, nach der ich Mannschaften trainiere.

Bei keinem anderen Verein haben Sie so lange auf der Trainerbank gesessen, wie aktuell bei TuS Makkabi. Warum passt es zwischen Ihnen und dem Verein so gut? 

Sportvorstand Michael Koblenz und ich, wir verstehen uns blind. Er war russischer U16-Nationalspieler und blickt voll durch im Fußball. Ein weiterer sehr entscheidender Aspekt: Ich habe die Schlüsselgewalt. Ich kann trainieren lassen, wie ich will. Manchmal trainiere ich vormittags, manchmal trainiere ich nachmittags. Das gibt mir die Freiheit, die ich brauche.

Im Halbfinale haben Sie mit 3:1 gegen Sparta Lichtenberg gewonnen, gegen die Sie wenige Tage zuvor in der Liga noch mit 1:3 verloren hatten. Was haben Sie im zweiten Spiel besser gemacht, um den Finaleinzug eintüten zu können? 

Sparta ist meiner Meinung nach eine Kunstrasenmannschaft. Das Ligaspiel gegen uns vor ein paar Wochen haben sie aber auf ihrem Rasenplatz gespielt. Als ich das gesehen habe, habe ich ein paar Spieler aus der zweiten Reihe aufgestellt und dann hat Sparta 3:1 gewonnen. Danach habe ich zum Trainerteam gesagt ‚Seht ihr, ihr könnt doch auf Rasen spielen‘. Ein paar Tage später haben wir wieder auf Rasen, diesmal in Top-Besetzung, das Pokalhalbfinale absolviert und 3:1 gewonnen. Da habe ich zu Spartas Trainer Dragan Kostic gesagt ‚Wir waren einen Tick besser. Diesmal habe ich auch die richtige Mannschaft aufgestellt‘ [lacht]. So haben wir dann verdient gewonnen. Es war ein Kampfspiel. Das hat Spaß gemacht. Fußball ist dann für mich interessant, wenn es etwas brisant wird und etwas auf dem Spiel steht. Meine Frau sagt immer zu mir: ‚Du brauchst den grünen Rasen unter deinen Füßen‘. Aber ich brauche auch Brisanz in den Spielen. Und dieses Halbfinale gegen Sparta, das kann sich keiner vorstellen, wie geil das war! Ich bin nun schon 70 Jahre alt, aber genau das ist es, was ich zum Leben brauche: Das Gras unter meinen Füßen und solche Spiele. Das sind die Dinge, die mir Kraft geben.

Im diesjährigen Landespokalfinale wartet mit Viktoria Berlin eine Mannschaft aus dem oberen Drittel der Regionalliga auf Ihr Team.  

Ja, sche*ße ist das!

Wie schätzen Sie den Gegner ein? 

Na, die sind gut! Ich habe die gesehen. Die haben vorne mit Lucas Falcao einen guten Mann. Die haben schnelle Leute, die spielen und draufgehen können – aber: Die müssen uns erst mal packen! Wir sind auch nicht schlecht. Im letzten Jahr haben wir verdient gegen sie gewonnen im Halbfinale, aber dieses Jahr sind sie besser geworden. Die haben gute neue Leute geholt. Semih Keskin, der Trainer, ist auch schon ewig im Verein, der kennt seinen Job. Es wird eine schwierige Partie, aber in einem Spiel ist alles möglich!

Warum wird der Sieger nach dem Abpfiff TuS Makkabi heißen? 

Das kann ich sagen: Weil wir eine geile Mannschaft haben, die sich konzentrieren kann auf ein Spiel. Ich hätte letztes Jahr vor dem Finale in der Kabine eine Stecknadel fallen hören. Das ist meine Art, dass ich versuche, die Mannschaft vorher so heiß zu machen, dass die rausgehen und Gras fressen wollen, um zu gewinnen. Wenn der Gegner besser ist, können wir verlieren. Es ist schon lobenswert, zweimal hintereinander im Finale zu stehen. Aber auf der anderen Seite: Wenn wir schon mal dabei sind, dann wollen wir auch gewinnen.

Danke für das Interview! 

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