“Ein toller, für sich stehender Sport”

Beim Polytan-Pokalfinale der 2. Frauen am 30. April wird Amra Cakovic als leitende Schiedsrichterin auf dem Platz stehen. Foto: Paga Foto.

Schiedsrichterin Amra Cakovic leitet das Polytan-Pokalfinale der 2. Frauen. Im Interview gewährt sie Einblick in ihre Arbeit auf dem Platz.

Am Sonntag, den 30. April 2023 können sich beim Endspieltag des Polytan-Pokals ab 10:00 Uhr insgesamt sechs Mannschaften auf die lautstarke Unterstützung ihrer Fans im Volksparkstadion Mariendorf (Prühßstraße 90, 12105 Berlin) freuen. Ohne drei weitere Teams könnten diese Finals jedoch gar nicht erst stattfinden: die Schiedsrichter:innengespanne. Insgesamt elf Unparteiische werden bei den drei Endspielen auf dem Platz und an den Auswechselbänken für einen regelkonformen Ablauf der Spiele sorgen und so ihren Beitrag zum Endspieltag der Frauen leisten. 

Die Leitung des Polytan-Pokalfinals der 2. Frauen übernimmt Amra Cakovic. Im Interview gewährt sie einen Einblick in ihre Arbeit als Schiedsrichterin und spricht über Herausforderungen und Wünsche auf dem Fußballplatz: 

Was bedeutet es für Sie, die Leitung des Polytan-Pokalfinals zwischen den Zweitvertretungen von Union und Türkiyemspor übernehmen zu dürfen?  

Es bedeutet mir viel. Es ist ein starkes Zeichen dafür, dass man es auch als Frau im Schiedsrichter:innenwesen schaffen kann. So kann man als Vorbild für junge Schiedsrichter:innen, aber auch Spieler:innen, dienen.  

Das Schiedsrichter:innenwesen ist noch immer sehr stark von Männern geprägt. Was könnte Ihrer Meinung nach noch strukturell und ausbildungstechnisch getan werden, um (junge) Frauen zu ermutigen, Schiedsrichterin zu werden?  

Es muss mehr mit den Mädchen in den Vereinen gearbeitet werden. Das Schiedsrichter:innenwesen hat eine sehr schlechte Darstellung, es fehlt häufig das äußere Verständnis für die eigentliche Rolle der Unparteiischen. Wichtig wäre es, von etablierten Schiedsrichterinnen an die Hand genommen zu werden und die positiven Seiten des Schiedsrichter:innenwesens aufgezeigt zu bekommen. 

Was hat sich in den letzten Jahren Ihrer Meinung nach im Ansehen von Frauen im Schiedsrichter:innenwesen zum Positiven gewendet? 

Es hat sich in der Förderung insbesondere von jungen Schiedsrichterinnen schon einiges getan. Der DFB und seine Landesverbände bieten immer wieder gezielte Angebote wie spezielle Aus- und Weiterbildungsangebote sowie Stützpunktmaßnahmen an. Dass im Herren-Profibereich vermehrt Schiedsrichterinnen oder wie bei der Herren-WM sogar ein ganzes Schiedsrichterinnengespann vertreten sind, zeigt, dass die Förderung auch fruchtet und sich vieles langsam in die richtige Richtung bewegt.  

Mit welchen konkreten Herausforderungen sind Schiedsrichter:innen, männlich wie weiblich, heutzutage konfrontiert und wie haben sich diese im Laufe der Zeit verändert?  

Ich persönlich musste mir glücklicherweise noch keine diskriminierenden oder sexistischen Sprüche anhören. Jedoch ist es schon bedrückend, wenn ein Mann, der einen Kopf größer ist als man selbst, auf dich zugerannt kommt und dich anschreit. Gerade die Diskussionskultur auf dem Platz und an der Seitenlinie hat sich über die Jahre schon zugespitzt. Das kann über das Verhalten der Eltern am Spielfeldrand im Jugendbereich oder der Vorbilder im Profisport oder in Social Media vielfältige Ursachen haben. Als Schiedsrichter:innen treffen wir die Entscheidungen, die sicherstellen sollen, dass das Spiel in einem geordneten Rahmen abläuft und sich keiner verletzt. Damit diese wieder besser angenommen werden, bedarf es ein gegenseitiges Verständnis und Respekt unter allen am Spiel beteiligten Akteur:innen. 

Was bedarf es Ihrer Meinung nach, um das Ansehen von Unparteiischen zu verbessern?  

Eine große Veränderung kann angestoßen werden, wenn man sich schwerpunktmäßig mit den Schiedsrichter:innen in den tieferen Ligen beschäftigt und zeigt, dass Schiedsrichter:in sein für viele ein tolles Hobby ist und man dort auch viel Erfolg haben kann. Es muss auch gemeinsam mit Spieler:innen daran gearbeitet werden, dass die Schiedsrichter:innen auf dem Platz wieder mehr respektiert werden. Das ist ganz wichtig. 

Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Schiedsrichter:innenwesens in Deutschland? 

Ich würde mir wünschen, dass die positiven Seiten des Schiedsrichter:innenwesens präsenter werden. Schiedsrichter:in sein ist ein toller, für sich stehender Sport, in dem man nicht nur die Möglichkeit hat, einem tollen Hobby nachzugehen, sondern auch leistungsorientiert im Profibereich aktiv zu sein. Außerdem hat man als Schiedsrichter:in eine tolle Community hinter sich stehen. Wenn diese Aspekte sichtbarer würden, wird das Schiedsrichter:innenwesen auch wieder attraktiver werden. 

Die Schiedsrichter:innen-Ansetzungen sowie verschiedene Informationen und Inhalte rund um die Endspiele sind im ePaper zu den Polytan-Pokalfinals zu finden.