Am 11. September 1897 wurde der Verband Deutscher Ballspielvereine (VDB) als erster Vorgänger des heutigen Berliner Fußball-Verbands gegründet. Im Jahr 2022 feierte der Verband, der heute 187.134 Mitglieder in 371 Vereinen zählt, sein 125-jähriges Bestehen. Der BFV nahm dieses Jubiläum zum Anlass, um sich mit der Geschichte des Fußballs in Berlin auseinanderzusetzen und auf die Zukunft vorauszublicken.
Auf dieser Seite wurden alle Informationen zur Geschichte und zu den Feierlichkeiten rund um den 11. September 2022 zusammengetragen.
Am 11. September 2022 wurde der Berliner Fußball-Verband auf den Tag genau 125 Jahre alt. Bereits seit dem Frühjahr fieberte der BFV seinem Jubiläum, u.a. mit einer historischen Artikel-Serie, entgegen und beging diesen feierlichen Anlass nun mit einem Festakt im Roten Rathaus. Eingeladen waren Vertreter:innen aus den Berliner Fußballvereinen, Politik und Wirtschaft sowie der Ältestenrat und die Mitarbeiter:innen des Verbandes. Neben einem interessanten Bühnenprogramm präsentierte der BFV auch seine bebilderte Informationsausstellung zur 125-jährigen Verbandshistorie, die noch bis Ende September kostenlos im Roten Rathaus (Rathausstraße 15, 10178 Berlin) besucht werden kann (Montag-Freitag von 9:00 bis 18:00 Uhr) und anschließend an einen anderen Ort weiterzieht.
Bernd Neuendorf: „Ein bedeutender Teil der Berliner Stadtgeschichte“
Das Bühnenprogramm zum Festakt wurde mit einer Rede des BFV-Präsidenten Bernd Schultz eröffnet, die er mit einigen Worten zur Gründung des Verbandes einleitete: „11. September 1897, sieben Vereinsvertreter gründeten im „Dusteren Keller“, einer Kneipe in der Kreuzberger Bergmannstraße, den Verband Deutscher Ballspielvereine. 11. September 2022, ich begrüße Sie ganz herzlich zum 125. Geburtstag des Berliner Fußball-Verbandes und freue mich sehr, dass Sie unsere Einladung angenommen haben“. Der Verbandspräsident blickte zurück auf die Entwicklungen, die der Berliner Fußball in den letzten 125 Jahren durchlief und legte den Fokus auf die herausragenden Leistungen, die der BFV vor allem in jüngerer Geschichte im sozialen Bereich vollbracht hat. Zudem begrüßte Bernd Schultz die Ehrengäste des Festaktes, zu denen u.a. DFB-Präsident Bernd Neuendorf und Ronny Zimmermann, DFB-Vizepräsident Amateure, sowie die ehemaligen BFV-Geschäftsführer Dirk Brennecke und Michael Lameli zählten.
Im Anschluss richtete auch Dennis Buchner, Präsident des Abgeordnetenhauses, emotionale Worte an die anwesenden Gäste: „Was wäre Berlin, was wäre unsere Stadt eigentlich ohne den Fußball? Ohne die Fußballerinnen und Fußballer, ob jung oder alt, die Woche für Woche in ihren Klassen kämpfen? Man kann mit Sicherheit sagen: Unsere Stadt wäre ohne den Fußball um einiges ärmer“, leitete der Berliner Politiker sein Grußwort über die Rolle des BFV für die Stadt Berlin ein, in deren Verlauf es vor allem bei der Hervorhebung der herausragenden Bedeutung des Ehrenamtes einen lautstarken Applaus gab.
Der Hauptteil des Bühnenprogrammes bestand aus drei Talk-Runden, die von Florian Zschiedrich moderiert wurden. Zunächst nahmen BFV-Präsident Bernd Schultz, Andreas Geisel, Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Thomas Härtel, Präsident des Landessportbundes Berlin, sowie DFB-Präsident Bernd Neuendorf auf dem Podium Platz und sprachen über den gesellschaftlichen Stellenwert des Fußballs, wobei der Präsident des DFB die Verbindung zwischen dem Erinnern und dem Lernen für die Gegenwart zog: „Was auffällt, ist, dass der BFV immer ein bedeutender Teil der Berliner Stadtgeschichte gewesen ist, und was besonders wichtig ist: Der Berliner Fußball-Verband stellt sich der Aufgabe der Erinnerung. Man versucht, bestimmte Stücke aus der Vergangenheit aufzugreifen, daraus zu lernen und stellt sich damit entsprechenden aktuellen negativen Entwicklungen in unserer Gesellschaft entgegen“.
Erinnerung und Aufarbeitung
Nach einer musikalischen Einlage durch die Band Savoy Satellites sowie einem eingespielten Videoclip zu den Gesichtern und Geschichten des Berliner Fußballs begrüßte Moderator Florian Zschiedrich ein paar eben jener Persönlichkeiten im Saal. So waren etwa Schiedsrichter-Legende Peter Gabor, die ehemalige Viktoria-Berlin-Präsidentin und ältestes BFV-Mitglied Lu Pfannenschmidt sowie die einstigen BFV-Präsidenten Uwe Hammer und Otto Höhne beim Festakt anwesend und wurden vom Publikum mit einem langen Beifall für ihr Engagement für den Berliner Fußball geehrt.
Anschließend verfolgten die Gäste interessiert die Ausführungen von BFV-Historiker Thomas Schneider von Sport:Kultur e.V., der sich gemeinsam mit seinem Kollegen Daniel Küchenmeister über Monate hinweg der historischen Aufarbeitung der Verbandsgeschichte gewidmet hat, so dass die Ergebnisse im Rahmen des Jubiläums ausführlich präsentiert und veröffentlicht werden konnten. Zu diesem Anlass wurde auch die neue Stele der FUSSBALL ROUTE BERLIN enthüllt, die vor der BFV-Geschäftsstelle (Humboldtstraße 8a, 14193 Berlin) positioniert wird und die Rolle des Verbandes in der NS-Zeit thematisiert. BFV-Präsident Bernd Schultz kündigte zudem die Beauftragung einer unabhängigen wissenschaftlichen Studie an, welche die Verbindung des Berliner Fußballs zum nationalsozialistischen Regime schonungslos aufarbeiten soll (zum Artikel).
Blick in die Zukunft
Abgerundet wurde der Vormittag schließlich durch einen Ausblick in die Zukunft des BFV. Dazu wurde zunächst ein Videoclip zum gesellschaftlichen Engagement des Verbandes präsentiert, ehe BFV-Geschäftsführer Kevin Langner, Christian Gaebler, Vizepräsident Öffentlichkeitsarbeit, Lisa Marie Großer, Präsidialmitglied Junge Generation/U27, sowie Malte Schruth, Präsidialmitglied Innovation, Vereins- und Verbandsentwicklung und Qualifizierung, vom Moderator auf die Bühne gebeten wurden. Gemeinsam wurde sich über die Gegenwart und Zukunft des Berliner Fußballs ausgetauscht, wobei die Digitalisierung, neue Spielformen und soziale Aspekte zentrale Themen der Gesprächsrunde waren.
Der Talk stellte den Abschluss eines vielfältigen Festaktes dar, der alle Anwesenden in spannenden Erinnerungen schwelgen ließ, der die positiven sowie negativen Facetten der Berliner Fußballgeschichte thematisierte und einen interessanten Ausblick in die nächsten 125 Jahre Berliner Fußball-Verband gab.
Der Berliner Fußball-Verband initiiert seit vielen Jahren Kampagnen und Projekte gegen Diskriminierung, Rassismus, Rechtsextremismus und Antisemitismus und engagiert sich für Toleranz, Fairness und Chancengleichheit im Sport und der Gesellschaft. Diese Initiativen entstanden auch aus der kritischen Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit, vor allem der Geschichte der NS-Diktatur.
Die Vorbereitungen zum 125. Jubiläum des BFV und die Erarbeitung der zugehörigen Festschrift sowie der Ausstellung zur Geschichte des Berliner Fußballs haben bei allen daran beteiligten Personen die Erkenntnis gefördert, dass das gegenwärtige Wissen über die Rolle des Berliner Fußballs und das Handeln seiner Funktionäre während der NS-Zeit unzureichend ist. Der BFV nimmt dies zum Anlass, die eigene Vergangenheit mit einer unabhängigen, wissenschaftlichen Studie kritisch aufzuarbeiten und gab dazu im Rahmen des Festakts am 11. September 2022 folgende offizielle Erklärung ab:
„Der Berliner Fußball und seine Akteure, insbesondere der Verband Berliner Ballspielvereine (VBB), haben sich nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 bereitwillig den neuen Herrschern unterworfen, sich gleichschalten lassen und die Strukturen dem NS-Regime angepasst. Im Juli 1933 liquidierten sich der DFB und der VBB selbst. In der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur und Gewaltherrschaft zwischen 1933 und 1945 wurden Andersdenkende wie ehemals aktive Gewerkschafter, Sozialdemokraten und Kommunisten an den Rand gedrängt. Jüdische Mitbürger wurden aus den Fußball-Vereinen ausgeschlossen und ihnen die Teilnahme oder der Besuch an kulturellen und sportlichen Veranstaltungen verboten. Diese Maßnahmen gehören zu den Verbrechen, die zum millionenfachen Mord und zum Holocaust geführt haben.
Der Berliner Fußball-Verband als Nachfolger des VBB bekennt sich dazu, dass in der Zeit des Nationalsozialismus im Berliner Fußball, in den Vereinen und im Verband Unrecht geschehen ist. Er erklärt, dass er die Geschehnisse, insbesondere den Ausschluss der jüdischen Mitglieder im Jahr 1933 kritisch würdigen sowie seine Rolle während der NS-Diktatur durch eine historische Studie aufarbeiten lassen will. Und vor allem will er zukünftig der Opfer von Diskriminierung, Verfolgung, Gewalt und Ermordung durch die Nationalsozialisten gedenken und an die Verbrechen erinnern, damit dergleichen nie wieder geschehen kann.“
Ein entsprechender Präsidiumsbeschluss zur Beauftragung einer wissenschaftlichen Studie wurde bereits gefasst. Der BFV wird noch im Herbst 2022 Vertreter:innen aus Politik, Wissenschaft und Sport in einem Gremium versammeln, um die Grundsätze der Studie zu definieren und eine geeignete Fachkraft bzw. Institution für die Umsetzung des Vorhabens auszuwählen. Der BFV stellt sich das Ziel, die Ergebnisse der Studie im Vorfeld der UEFA EURO 2024 in Deutschland der Öffentlichkeit vorzustellen.
Die Ausstellung „125 Jahre Berliner Fußball“ zeigt in einem geschichtlichen Überblick die Entwicklung des Fußballs in der Stadt und die verschiedenen Zeitabschnitte vor dem Hintergrund der historischen Ereignisse in Berlin. Besonders eingegangen wird dabei auf die Rolle des Verbandes zum Zeitpunkt seiner Gründung sowie an bedeutenden Wegmarken der Geschichte wie nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs oder bei der Deutschen Wiedervereinigung 1989/90. Sie besteht aus 19 Roll-Ups und wird ergänzt durch einige bedeutende Pokale der Berliner Fußball-Geschichte, die in Kooperation mit dem Sportmuseum Berlin gezeigt werden.
Die Ausstellung war zunächst im Roten Rathaus zu sehen und kann während der UEFA EURO 2024 vom 14. Juni bis 14. Juli im Europa-Center (Tauentzienstraße 9-12, 10789 Berlin | 1. OG, nahe der "Uhr der fließenden Zeit") besucht werden. Eine Voranmeldung ist nicht notwendig. Der Eintritt ist frei.
Die Öffnungszeiten des Europa-Centers:
täglich von 10:00 bis 18:00 Uhr
Das Programm zum Festakt im Roten Rathaus wurde durch bewegte Bilder ergänzt. Der Dank geht insbesondere an die Protagonist:innen in den Filmen. Die Bereitschaft im Berliner Amateurfußball an diesem Projekt mitzuwirken war überwältigend. Leider lassen sich natürlich nicht alle Facetten aus 125 Jahren Berliner Fußballgeschichte in wenigen Videominuten abbilden. Viele interessante Persönlichkeiten und Geschichten aus der Historie konnten aufgrund dieser zeitlichen Begrenzung nicht in diesem Rahmen beleuchtet werden, auch wenn sie es ebenfalls verdient hätten. Die ausgewählten Protagonist:innen der beiden Filme geben aber definitiv einen sehr schönen Einblick in die Besonderheiten des Berliner Fußballs:
Die Protagonisten des ersten Films blicken auf verschiedene Erlebnisse und Geschichten des Berliner Fußballs zurück:
Im Rahmen des Festakts am 11. September 2022 im Roten Rathaus wurde auch der Blick in die Zukunft und auf die Entwicklungstendenzen des Amateurfußballs gerichtet. Die Protagonist:innen im zweiten Film geben einen Einblick in ihre Arbeit und Sicht auf die gesellschaftliche Verantwortung des Berliner Fußballs in der Gegenwart und Zukunft:
Mit der Festschrift „125 Jahre Berliner Fußball – Geschichte und Geschichten in Porträts“ will der Berliner Fußball-Verband 125 Persönlichkeiten würdigen, die den Fußball in Berlin und darüber hinaus geprägt haben. Dargestellt werden Lebensgeschichte und Verdienste von Spielerinnen und Spielern, Trainerinnen und Trainern, Funktionärinnen und Funktionären – eben den „Macher:innen“ des Sports.
Das Buch enthält neben den Beiträgen der Autoren Texte von Jan Buschbom, Erik Eggers, Michael Jahn, Gerald Karpa, Juliane Röleke und Frank Schurmann, diverse Grußworte sowie einen informativen Anhang. Es ist im Arete Verlag erschienen und für 24 Euro direkt beim Verlag oder im Handel (zum Online-Shop) sowie über Amazon erhältlich.
Fußball-Einheit in Berlin: 1990-2015
Anlässlich des 125-jährigen Jubiläums des BFV im Jahr 2022 blicken Daniel Küchenmeister und Thomas Schneider vom Verein Sport:Kultur e.V. in einer Artikelserie auf die bewegte Geschichte des Berliner Fußballs zurück. Dazu erscheinen in regelmäßigen Abständen Texte zu vielfältigen historischen Themen.
Folgende Artikel sind bereits erschienen:
Der Landespokal vor und in der NS-Zeit
Kaum hatten die Fußballbegeisterten Berlins am Ende des 19. Jahrhunderts Vereine und einen Verband gegründet, reichte ihnen der erst wenige Jahre zuvor begonnene regelmäßige Spielbetrieb um die Meisterschaft nicht mehr aus. So stiftete die „Neue Sportwoche“ 1903 einen Preis und das noch heute grassierende Pokalfieber nahm seinen Anfang. Der bereits 1897 entstandene Verband Berliner Ballspielvereine – Vorläufer des heutigen Berliner Fußball-Verbandes – spielte ab 1907 drei Jahre lang den ersten regulären Pokalwettbewerb aus, der vom damaligen BFC Viktoria 1889 klar dominiert wurde.
In der Zeit der Weimarer Republik entwickelte sich der Fußball zu einem Massensport. Der Berliner Pokal, der ab 1920 ausgespielt wurde und bei dem auch Brandenburger Mannschaften antraten, war fortan ein Publikumsmagnet. Dieser Wettbewerb endete jedoch 1934, da auch der Fußball-Verband als dessen Ausrichter im Zuge der Gleichschaltung des Sports in der NS-Diktatur de facto aufgelöst war. Der erfolgreichste Verein jener Periode war Hertha BSC, der zu Beginn der 1930er Jahre die wohl beste deutsche Clubmannschaft stellte.
Fußball auf beiden Seiten der Mauer
In den Nachkriegsjahren wurde ab 1946 an die Pokaltradition angeknüpft. Die Trophäe nannte sich nun „Pokal des amerikanischen Drahtfunks“ – kurz RIAS-Pokal. Mit dem beginnenden Kalten Krieg spalteten sich nicht nur Berlin und ganz Deutschland, sondern auch die Sportsysteme. Der Gesamtberliner Spielbetrieb im Fußball kam zum Erliegen.
Ab 1950 spielten die West-Berliner Mannschaften des VBB den Karl-Heinz-Schulz-Pokal aus, der ab 1970 nach Paul Rusch umbenannt wurde. Hervorzuheben sind hier die regelmäßigen Siege des SC Tasmania 1900 in den frühen 1960er Jahren. Im Deutschen Fußball-Verband der DDR trafen die Ostberliner Mannschaften im FDGB-Bezirkspokal aufeinander. In die Siegerliste trugen sich seit 1957 Betriebssportgemeinschaften (BSG) wie Bergmann-Borsig, KWO Berlin, oder Lichtenberg 47 ein.
Die deutsche Einheit 1990 und insbesondere die Vereinigung zu einem gemeinsamen Fußball-Verband in Berlin führten die Teams aus dem Ost- und Westteil der Stadt ab 1991 wieder zusammen. Gleich der erste Sieger des Gesamtberliner Wettbewerbs sorgte für eine Sensation. Die Amateure von Hertha BSC gelangten im anschließenden Wettbewerb des DFB-Pokals völlig überraschend ins Finale im Olympiastadion. Hier unterlagen die „Hertha-Bubis“ Bayer 04 Leverkusen nur knapp mit 0:1.
Der DFB-Pokal – Berlin als große Bühne
Dass das Endspiel des DFB-Pokals überhaupt alljährlich in Berlin stattfindet und allmählich zum „Deutschen Wembley“ avancierte, ist keineswegs eine Selbstverständlichkeit, sondern wie so vieles im Sport den politischen Umständen im 20. Jahrhundert geschuldet.
Als sich im Zuge des Kalten Krieges die deutsche Teilung zu verfestigen und auch der Sonderstatus West-Berlins auf Dauer festzustehen schien, gab es bei Politikern und Sportfunktionären die Sorge, dass die Stadt sportlich mehr und mehr ins Hintertreffen zu geraten drohte. Mitte der 1980er Jahre hatten die Bemühungen von BFV-Präsident Uwe Hammer, der sich zusammen mit Bildungssenatorin Hanna-Renate Laurien vehement dafür eingesetzt hatte, schließlich Erfolg: Das DFB-Pokal-Endspiel wurde ab 1985 nach Berlin vergeben. Zudem fand zwischen 1985 und 2009 auch das Finale im DFB-Pokalwettbewerb der Frauen unmittelbar vor dem Endspiel der Männer im Berliner Olympiastadion statt.
Pokalfieber im Kiez
Doch nicht nur die große Bühne des DFB-Pokals begeistert die Fußball-Anhänger. Auch die Pokal-Wettbewerbe in den Berliner Kiezen mit traditionsreichen Derbys finden regen Zuspruch. Der älteste von ihnen ist der „Exer-Pokal“ in Pankow. Seit 1951 ausgetragen erinnert er an einen jener Orte, die für den Beginn des Fußballs in der Stadt stehen – nämlich den ehemaligen Exerzierplatz an der Schönhauser Allee, auf dem sich heute der Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark befindet – und damit an eine Zeit, als das Pokalfieber in Berlin seinen Anfang nahm.
Gründung durch die Pioniere
Am 26. Februar 1926 versammelten sich im Kreuzberger Lokal „Weißer Mohr“ zahlreiche Herren um die Fünfzig. Es schien, dass sich hier Kaufleute, Betreiber örtlicher Betriebe oder Handwerksmeister zu einem geselligen Abend trafen. Doch es waren die Pioniere des Berliner Fußballs, die in den Jahren zwischen 1880 und 1914 den Ball in der Stadt und zum Teil sogar in Deutschland ins Rollen und auf das Feld brachten. Eingeladen hatte Emil Wernicke, der bei Germania 1888, dem ältesten deutschen Fußballverein, den Spielbetrieb organisierte. Georg Leux war gekommen, der 1885 den BFC Frankfurt als ersten Fußballverein in der Stadt gegründet hatte. Und auch Georg Demmler nahm Platz, auf den in erheblichem Maße die Initiative zur Gründung des DFB zurückging. In einer Zeit, als der Fußball in Deutschland und insbesondere der Metropole Berlin zunehmend die Massen begeisterte, schufen jene Rasensportler einen Verein zur Bewahrung der Geschichte und des Zusammenhalts, auf den die heute noch rührige „VAR Traditionsgemeinschaft des Fußballsports Berlin e.V.“ zurückgeht.
Die Vereinigung wurde nach dem Zweiten Weltkrieg wie alle Sportorganisationen von den Alliierten verboten. Zwar tagten die „Alten“ bereits am 12. Oktober 1946 wieder im NNW-Kasino, wiederum auf Betreiben von Emil Wernicke, doch erst 1950 konstituierte sich die VAR erneut. Ihre Mitglieder kamen aus allen Bezirken der Stadt, unabhängig auf welche Seite der Kalte Krieg und die doppelte Staatsgründung sie 1949 verschlagen hatte. Erst der Mauerbau im August 1961 trennte die Sportkameraden für drei Jahrzehnte. Etwa ein Zehntel von ihnen lebte damals im Osten Berlins und konnte bis 1989 nicht mehr aktiv am Vereinsleben teilnehmen.
Bis heute einzigartige Gemeinschaft
Die Deutsche Wiedervereinigung 1990 stellte auch für die „Alten Rasensportler“ einen Glücksfall dar. Berliner Fußballtradition konnte nun wieder gemeinsam gelebt werden. Doch die Teilung über dreißig Jahre blieb nicht ohne Folgen. Da die Rahmenbedingungen des Sports und das persönliche Erleben unterschiedlich waren, finden heute mehr Sportkameraden aus dem Westen den Weg in die Traditionsgemeinschaft, die kontinuierlich nur in diesem Teil der Stadt existieren konnte.
Mit den Generationen ändern sich Formen der Erinnerung und Erwartungen an Traditionsvereine des Fußballs. Übereinstimmend ist jedoch seit Beginn des Sports das Bedürfnis nach Rückbesinnung, Bewahrung der Leistungen und geselligem Beisammensein. Die „VAR Traditionsgemeinschaft des Fußballsports Berlin e.V.“, als außerordentliches Mitglied des vor fast 125 Jahren gegründeten Berliner Fußball-Verbandes und einzige Gemeinschaft dieser Art unter dem Dach des DFB, setzt in diesem Sinne die Idee des Zusammenhalts der Wegbereiter des Berliner Fußballs aus dem Jahre 1926 noch immer erfolgreich um.
Erste Teamgründungen noch vor Aufhebung des Frauenfußballverbots
Als die Berliner Mauer die Stadt bereits seit acht Jahren teilte, begann die moderne Geschichte des Frauenfußballs in beiden Teilen der Stadt. 1969 wurden in West-Berlin die ersten Mannschaften gegründet und Mädchen- und Frauenabteilungen gebildet. Bei Tennis Borussia, dem 1. FC Lübars, Wacker 04 und Schwarz-Weiß Spandau kam der Ball ins Rollen. Da der DFB sein Verbot des Frauenfußballs erst ein Jahr später aufhob, kickten die Frauen anfangs illegal. Doch nicht nur Sportfunktionäre standen dem Fußball der Frauen ablehnend gegenüber. Auch die Bezirksämter als Träger vieler Sportstätten mussten trickreich ausgespielt werden, indem das Training gelegentlich als Handballspiel angemeldet wurde.
Besondere öffentliche Aufmerksamkeit erhielten in den Anfangsjahren die Frauen von Tennis Borussia. Sie trainierte der ehemalige Profispieler Horst Nußbaum, damals populär als Schlagersänger und Musikproduzent Jack White.
Entscheidender für die Entwicklung des Frauenfußballs war jedoch, dass zu Beginn der 1970er-Jahre die Zahl der Mannschaften rasch anstieg und einen regulären Spielbetrieb ermöglichte. Die erste offizielle Stadtmeisterschaft im Westen des geteilten Berlins holte 1972 Schwarz-Weiß Spandau und den ersten Pokalwettbewerb gewann 1974 der BFC Meteor 06.
Zu einer herausragenden Persönlichkeit des Frauenfußballs im Westen der Stadt wuchs Barbara „Charly“ Streuffert von Tennis Borussia. Sie absolvierte im November 1970 im Mommsenstadion ihr erstes Spiel. Als Aktive gewann sie in der Verbandsliga vier Mal den Titel des Berliner Meisters. Steuffert, die als Sachbearbeiterin im Jugendamt Reinickendorf arbeitete, machte als erste Berlinerin ihre B- und A-Lizenz und übernahm zunehmend Verantwortung, bis ihr schließlich das Traineramt übertragen wurde. Auch als Coach von TeBe wurde sie zwei Mal Berliner Meister. 1981 und 1983 schaffte es die Mannschaft ins Endspiel um die Deutsche Meisterschaft, in denen sie jeweils der SSG 09 Bergisch Gladbach mit 0:4 und 0:6 unterlag. 1990/91 führte Streuffert die TeBe-Frauen in die damals zweigleisige Frauen-Bundesliga.
Parallele Entwicklung in Ost-Berlin
In Ost-Berlin vollzog sich die Entwicklung des Frauenfußballs weitgehend zeitgleich. In der Berliner Zeitung wurde im April 1971 mitgeteilt, dass bei der BSG EAB Lichtenberg 47 „eine Damen-Fußballmannschaft … ins Leben gerufen“ wurde, die noch „Spielpartner sucht“. Der Fußball-Verband der DDR zeigte sich insgesamt zögerlich und ließ ab September 1971 nur im Rahmen einer Volkssportrunde die Begegnungen austragen. Leistungsträger der kommenden Jahre waren in Ost-Berlin neben den Lichterberger Frauen die Teams von Motor Köpenick und Kabelwerk Oberspree, die die Meisterschaften dominierten.
In den 1980er-Jahren zeichneten sich in Ost-Berlin Spielerinnen wie Maja Bogs und Kathrin Nicklas aus, die einen leistungsorientierten Fußball anstrebten. Nicklas wurde dann auch für das erste und einzige Länderspiel einer DDR-Frauenauswahl im Mai 1990 berufen.
Nach dem Fall der Mauer und der Deutschen Einheit konnte der Berliner Frauenfußball endlich zusammenwachsen. Der Berliner Fußball-Verband und die Vereine standen vor einer bisher einmaligen Situation, die sie erfolgreich meisterten. So gelang in den Jahren ab 1990 dank der engagierten Arbeit der Aktiven eine sportliche und organisatorische Weiterentwicklung des Frauen- und Mädchenfußballs in Berlin. Der Blick auf die Anfänge vor etwa fünf Jahrzehnten zeigt jedoch, dass weder organisierter Frauenfußball noch ein Gesamtberliner Spielbetrieb zu allen Zeiten eine Selbstverständlichkeit waren.
Der Weg zur Fußball-Einheit in Berlin
Nur eine Woche nach jener historischen Nacht im November 1989, als in Berlin die Mauer fiel, die 28 Jahre lang Ost und West getrennt hatte, kam es zu einem ersten Treffen zwischen dem damaligen Präsidenten des Berliner Fußball-Verbandes, Uwe Hammer, und seinem Ost-Berliner Pendant, dem Vorsitzenden des Bezirks-Fachausschusses Fußball, Uwe Piontek.
Bereits Ende November rief Hammer alle West-Berliner Vereine zu Freundschaftsspielen mit Ost-Berliner und DDR-Vereinen auf und sorgte so dafür, dass sich die Sportlerinnen und Sportler aus beiden Teilen der Stadt begegneten, was zum Zusammenwachsen von Ost und West wesentlich betrug.
Den handelnden Akteuren war von Beginn an deutlich, dass auf dem Gebiet Berlins nur ein gemeinsamer Weg beschritten werden könne. Auch zu einer Zeit, als auf staatlicher Ebene die Wiedervereinigung beider deutscher Staaten noch keineswegs feststand, war für den Fußball in Berlin klar, dass nach 28 Jahren der Teilung und nach 40 Jahren eines getrennten Spielbetriebs beide Stadthälften wieder zusammengehörten.
Eingliederungsprozess bis November 1990
Bald zeichnete sich ab, dass sich der Ost-Berliner Bezirksfachausschusses Fußball umorganisieren musste, und so wurde am 22. Juni 1990 der Fußball-Verband Berlin (FVB) gegründet. Dieser hatte nur kurze Zeit Bestand und im Grunde die alleinige Bestimmung, bei der geplanten Zusammenschließung als Gegenüber des West-Berliner Fußball-Verbandes zu fungieren.
Bis dahin waren vielerlei Aufgaben zu bewältigen. Zunächst befand sich die Geschäftsstelle des FVB noch am Hausvogteiplatz, zog dann aber in der zweiten Juli-Hälfte in das Gebäude der Werner-Seelenbinder-Halle um. Der West-Berliner Fußball-Verband half mit Möbeln und Büroausstattung aus und stand auch sonst mit Rat und Tat zur Seite.
Das Ziel war schließlich, die Strukturen des Ost-Berliner Fußballs anzupassen und die Vereine fit zu machen für die Eingliederung in den bestehenden Spielbetrieb des BFV. Gemeinsam wurden die vielfältigen, oft verwaltungstechnischen Aufgaben und juristischen Fragestellungen – im Vereinsrecht, im Steuerecht u.v.a.m. – bewältigt. Die Geschäftsstelle wurde zu diesem Zweck noch bis Mitte 1991 betrieben.
Am 17. November 1990 – also noch vor der Vereinigung der Fußball-Verbände auf Bundesebene, die am 20. November 1990 in Leipzig stattfand – war es so weit: Der FVB beschloss seine Auflösung und die Ost-Berliner Vereine traten auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung im Hotel Intercontinental geschlossen dem Berliner Fußball-Verband bei.
Ein denkwürdiges Spiel
Nur wenige Wochen vor jener Herstellung der Fußball-Einheit in Berlin war es am 21. Oktober 1990 im Hans-Zoschke-Stadion in Lichtenberg zu einem denkwürdigen Spiel gekommen: Im damals noch ausgetragenen DFB-Länderpokal trafen die Amateur-Auswahlmannschaften des Fußball-Verbandes Berlin (Ost) und des Berliner Fußball-Verbandes (West) aufeinander.
Der Ost-Berliner FVB, der nur wenige Monate existierte und der eigens zu dem Zweck gegründet worden war, mit dem West-Berliner Verband vereinigt zu werden, und der BFV lieferten sich zum ersten und für alle Zeiten letzten Mal ein sportliches Duell. Außerhalb des grünen Rasens war man einander längst freundschaftlich verbunden.
Engagement für Fairplay und Toleranz historisch gewachsen
Mit dem Thema seiner gesellschaftlichen Verantwortung und dem eigenen sozialen Engagement beschäftigt sich der Berliner Fußball-Verband bereits seit Jahrzehnten. Er sieht Integration als wichtige Aufgabe an und setzt sich mit vielfältigen Aktionen und Maßnahmen für Fairplay und Toleranz ein.
In den 1980er-Jahren wuchs in beiden Teilen Deutschlands die Gewalt in den Stadien und am Rande des Fußballs erheblich. Im Zuge der Deutschen Einheit verstärkte sich dieses Phänomen insbesondere im Ostteil Berlins und in den neuen Bundesländern. Hinzu kamen gesellschaftliche Probleme, die sich aus dem Vereinigungsprozess in vielen Bereichen des Alltags ergaben.
Der BFV reagierte auf diese Entwicklungen. Der damalige Präsident Otto Höhne formulierte Anfang der 1990er-Jahre, dass „an der Basis ... die Probleme Gewalt, Ausländerfeindlichkeit, Jugendkriminalität, soziale Nöte zur Alltagsbewältigung unserer Vereine“ gehören. Programmatisch sprach er bei gleicher Gelegenheit davon, dass für den Verband die Würde des Menschen unantastbar ist. In den folgenden Jahren entwickelten sich Initiativen, auf denen der Verband in seinem aktuellen Selbstverständnis und seiner Arbeit aufbaut.
Gründung der AG Fairplay in den 1990er-Jahren
Mitte der 1990er-Jahre entstanden in Vereinen aus allen Teilen der Stadt verschiedene Initiativen gegen Gewalt auf und am Rande von Fußballplätzen, die der BFV aufnahm und in der vom langjährigen Vizepräsidenten Gerd Liesegang geleiteten AG Fairplay bündelte. Die aktive Zurückweisung von Gewalt, Diskriminierung, Rassismus und Antisemitismus wurde in den Vereinen nun zu einem Prüfstein und gleichzeitig zu einer verbindenden Klammer, unabhängig von Herkunft und kultureller Identität.
Der BFV vereint in seinen Reihen viele, vor allem junge Sportler:innen mit Migrationshintergrund, für die der Fußball besondere Bedeutung hat, da sie in anderen Bereichen der Gesellschaft noch immer zu oft soziale oder kulturelle Zurückweisung erleben. In seiner Satzung hat der Verband die Themen Migration und Integration fest verankert. 2004 wurde Mehmet Matur von Türkiyemspor Berlin als Präsidiumsmitglied gewählt und mit der Leitung der AG Integration beauftragt. Diese Arbeitsgruppe leistete und initiierte die verschiedensten Aktivitäten.
2008 veranstaltete der Verband den ersten „BFV-Präventionstag“, eine Mischung aus Sport, Aktivitäten und Unterhaltung. Den Vereinen gab das Meeting die Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen, um sich über die Aspekte der Gewaltprävention zu informieren.
FUSSBALL GRENZENLOS – Unterstützung für Geflüchtete
Als 2015 in Deutschland die Zahl der geflüchteten Menschen aus Kriegsgebieten sprunghaft anstieg, bezog der BFV klare Positionen und unterstützte die Integration auf vielfältige Weise. Hervorzuheben ist das Willkommensprojekt FUSSBALL GRENZENLOS, dass seit 2016 erfolgreich den Austausch zwischen Vereinen, sozialen Projekten und Unterkünften für Geflüchtete fördert.
Im Frühjahr 2022 sah sich die Berliner Fußball-Familie erneut damit konfrontiert, dass viele geflüchtete Menschen in die Stadt kamen. Ohne zu zögern, rief der BFV dazu auf, Geflüchtete aus der Ukraine und aus anderen Ländern im Trainingsbetrieb der Fußballvereine aufzunehmen (weitere Infos). Er wirbt für diese Aktion in dem Bewusstsein, dass Vereinssport Menschen einen hervorragenden Raum für Integration bietet und einen großen Beitrag bei der Stabilisierung des sozialen Umfelds leistet.
Mit dieser und vielen anderen Aktivitäten leistete der BFV einen gesellschaftlichen Beitrag, der weit über den Fußball hinaus ging und das tolerante Miteinander in der Stadt positiv beeinflusste. Selbstverständlich kann der Sport nicht einzelne, schon gar nicht alle gesellschaftlich relevanten Fragen lösen, erst recht nicht im Alleingang. Von entscheidender Bedeutung ist jedoch, dass der BFV im Verlaufe der letzten drei Jahrzehnte konsequent seine Rolle erweitert definiert und sich neben der Hauptarbeit – dem Sport an sich - zunehmend auch gesellschaftlichen, sozialen und kulturellen Aufgaben stellt und einen wichtigen Beitrag auf dem Gebiet der Integration leistet.
Berliner Schiedsrichter pfeift erstes Heimspiel einer deutschen Nationalmannschaft
Die Ahnenreihe der Berliner Schiedsrichter, die weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt geworden sind und im Fußball prägend gewirkt haben, ist lang.
Der erste internationale Schiedsrichter, den Berlin hervorgebracht hat, war Paul Neumann vom BFC Viktoria 1889. Er pfiff das erste Heimspiel einer deutschen Nationalmannschaft, das am 20. April 1908 gegen England stattfand. Dass bei der Partie ein Spieler der Heimmannschaft als Unparteiischer zum Einsatz kam, war ein Vertrauensbeweis seitens der Gäste aus dem Mutterland des Fußballs.
Zu noch weit größerem internationalen Renommee brachte es nach dem Ersten Weltkrieg neben Carl Koppehel, der am 1. November 1918 die „Berliner Schiedsrichter-Zeitung“ als erstes deutsches Schiedsrichter-Organ aus der Taufe hob, vor allem Alfred Birlem. Er leitete zwischen 1927 und 1939 insgesamt 21 Länderspiele und nahm als Unparteiischer an den Fußball-Weltmeisterschaften 1934 in Italien und 1938 in Frankreich teil. Darüber hinaus pfiff Birlem die Endspiele um die deutsche Fußballmeisterschaft 1931/32 und 1932/33 sowie zwei Jahre später das erste deutsche Pokalfinale. Auch beim Fußballturnier im Rahmen der Olympischen Sommerspiele 1936 in Berlin leitete er das Spiel um die Bronzemedaille zwischen Norwegen und Polen.
In den 1950er-, 1960er- und 1970er-Jahren waren Werner Treichel und Ewald Regely die herausragenden Männer in Schwarz. Treichel gehörte in den 1950er- und 1960er-Jahren zu den renommiertesten Referees in Deutschland, leitete von 1973 bis 1978 den Schiedsrichterausschuss beim Deutschen Fußball-Bund und war damit oberster Chef aller Unparteiischen in Deutschland. Ebenfalls auf dem Weg zu höheren Aufgaben war Ewald Regely, der jedoch früh verstarb und nach dem das traditionelle Turnier der Berliner Schiedsrichter benannt ist.
Wolfgang Riedel – Aushängeschild des Ostberliner Schiedsrichterwesens
Auf Ostberliner Seite war es Wolfgang Riedel, der von 1952 bis 1978 Karriere als Unparteiischer machte und im nationalen und internationalen Fußball die höchsten Ebenen erreichte. In der DDR-Oberliga leitete er 242 Spiele und im FDGB-Pokal 52 Begegnungen, die Pokal-Endspiele 1965 und 1973 waren Höhepunkte seiner Laufbahn. Riedel amtierte auch als FIFA-Schiedsrichter und pfiff zwischen 1968 und 1978 als Referee auf der europäischen und auf der Weltbühne des Fußballs, unter anderem in 11 A-Länderspielen.
Peter Gabor erreichte in den 1970er- und 1980er-Jahren den größten Bekanntheitsgrad über Berlin hinaus. Er brachte es zwischen 1969 und 1988 auf insgesamt 158 Einsätze in der Bundesliga. Der sportliche Höhepunkt seiner Karriere war das DFB-Pokalfinale 1987 im heimischen Berliner Olympiastadion. Daneben standen insgesamt 26 DFB-Pokalspiele sowie 71 Spiele in der 2. Liga zu Buche. 1989 wurde Gabor Vorsitzender des Verbandsschiedsrichterausschusses im BFV und hatte, kaum im Amt, die historische Aufgabe zu meistern, die beiden Berliner Schiedsrichter-Organisationen zusammenzuführen. Neben seiner Tätigkeit als Schiedsrichterbeobachter bis auf Bundesliga-Niveau erstellte er bis Mai 2008 in der Schiedsrichter-Zeitung des DFB die Rubrik Regelfragen, wodurch er auch jungen Schiedsrichtern ein Begriff war.
Lutz Michael Fröhlich begann 1985 seine Karriere als DFB-Schiedsrichter, 2003 pfiff er das DFB-Pokalfinale. Von 1991 an war er in der Bundesliga, von 1994 bis 2002 zudem als FIFA-Schiedsrichter aktiv. Als 2005 nur eineinhalb Jahre vor der WM im eigenen Land der Wettskandal den deutschen Fußball erschütterte, war es Fröhlich, der zusammen mit seinen Berliner Schiedsrichterkollegen Manuel Gräfe und Felix Zwayer Unstimmigkeiten bei verschiedenen Zweitliga-Partien sowie Pokalspielen beim DFB angezeigt hatte. Nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn arbeitete er ehrenamtlich im Bereich der Schiedsrichterausbildung und -entwicklung. Von 2008 bis 2016 war Fröhlich als hauptamtlicher Leiter der Abteilung Schiedsrichter beim DFB beschäftigt, seit 2016 leitet er den Schiedsrichterausschuss beim DFB.
Über alle Zeiten hinweg haben sich Schiedsrichter aus Berlin durch ihr Engagement und das Übernehmen von Verantwortung um den Berliner Fußball und das Schiedsrichterwesen in Deutschland verdient gemacht.
Urländerspiele vor Gründung des Deutschen Fußball-Bundes
Die Fußball-Stadt Berlin war zu allen Zeiten Schauplatz von Länderspielen und großen internationalen Turniere, die im Sport und weit darüber hinaus große Aufmerksamkeit fanden.
Den Auftakt machten bereits im Jahr 1899 die sogenannten Urländerspiele, also die ersten, noch inoffiziellen Länderspiele gegen eine englische Auswahlmannschaft, die am 23. und 24. November 1899 auf dem Athletik-Sportplatz am Kurfürstendamm stattfanden. Bemerkenswert dabei war, dass der Deutsche Fußball-Bund zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht gegründet war und Walther Bensemann, der die Spiele quasi im Alleingang organisiert hatte, zahlreiche Widerstände überwinden musste – lediglich in Berlin fand er für seine Ideen unter den Spielern und Funktionären des Verbandes Berliner Ballspielvereine den nötigen Zuspruch und Unterstützung.
Erst mehr als acht Jahre später war es so weit und das erste offizielle Spiel einer deutschen Nationalmannschaft wurde austragen, und zwar ebenfalls in Berlin – oder genauer gesagt in Mariendorf, das zu dieser Zeit noch nicht zu der wachsenden Metropole gehörte. Spielstätte der Begegnung am 20. April 1908 gegen England war der damalige Platz des BFC Viktoria 1889 in der Eisenacher Straße. Schiedsrichter war Paul Neumann und damit ein Spieler der Heimmannschaft, der in den folgenden Jahren im Berliner Fußball noch zahlreiche Ämter bekleidete.
Insgesamt 46 Partien der Männernationalmannschaft in Berlin
Die Partie markierte den Beginn einer langen Reihe von Länderspielen, die in Berlin stattfanden. Insgesamt 46-mal kickte die Nationalmannschaft der Männer in den zurückliegenden 125 Jahren in der Stadt. Ein Höhepunkt waren dabei stets die großen Turniere.
Bei der Weltmeisterschaft 1974 in Deutschland absolvierte die DFB-Auswahl am 14. Juni eine Vorrundenpartie gegen Chile im Berliner Olympiastadion. Bekanntlich war die bundesdeutsche Mannschaft in einer Gruppe mit dem Team der DDR; das historische Aufeinandertreffen der beiden fand jedoch in Hamburg statt. Dafür waren die ostdeutschen Spieler während des Turniers in West-Berlin untergebracht und logierten im Verbandshaus des Berliner Fußball-Verbandes am Kleinen Wannsee, was natürlich auch große mediale Aufmerksamkeit auf sich zog.
Als das EM-Turnier 1988 nach Deutschland vergeben wurde, wollten die Verantwortlichen eine ähnliche Konstellation vermeiden und berücksichtigten Berlin nicht als Spielort für das Turnier, was in der Stadt für große Empörung sorgte. Quasi als Ersatz trug der DFB ein Vier-Länder-Turnier aus, an dem neben dem Gastgeber Argentinien, Schweden und die Sowjetunion teilnahmen und das vom 31. März bis zum 2. April 1988 im Olympiastadion ausgespielt wurde.
„Sommermärchen 2006“ und WM der Frauen 2011 als jüngste Highlights
Der zweifellos größte Höhepunkt im internationalen Fußball, der in Berlin stattfand, war das „Sommermärchen“, also die Weltmeisterschaft 2006 im eigenen Land, bei der insgesamt sechs Partien in der Stadt ausgetragen wurden. Allein die Unterkunft der deutschen WM-Elf im Schlosshotel Grunewald und die Mannschaftstrainings im Mommsenstadion sowie im Amateurstadion auf dem Olympiagelände führte dazu, dass sich die Stadt in besonderer Weise als Gastgeber empfand. Zudem bereicherte ein vielfältiges Kulturprogramm die Vorstellung von Fußball als gesellschaftlichem Faktor.
Emotional und sportlich kulminierte das Geschehen dann in der Viertelfinal-Begegnung gegen Argentinien, als Deutschlands Torhüter Jens Lehmann im Elfmeterschießen gleich zwei Mal parieren konnte und ein Zettel, auf dem DFB-Torwarttrainer Andreas Köpke die Vorlieben der gegnerischen Schützen notiert hatte, zum Kultobjekt avancierte.
Doch damit war die Geschichte der großen internationalen Turniere in der Stadt noch nicht zu Ende: Bereits fünf Jahre später fand die nächste Weltmeisterschaft in Deutschland und in Berlin statt, nämlich die der Frauen 2011. Unter dem Motto „20elf von seiner schönsten Seite!“ wurde das Turnier am 26. Juni 2011 mit einer großen Feier im Berliner Olympiastadion eröffnet.
Wenn in weniger als zwei Jahren die UEFA EURO 2024 in Deutschland gastiert und Berlin wieder Austragungsort von sechs Partien inklusive des Endspiels sein wird, werden – so viel steht fest – die Stadt und die Berliner Fußball-Familie sich von ihrer besten Seite zeigen.
Premiere 1899 in Wien
In der Geschichte des Berliner Fußball-Verbandes spielten Begegnungen von Auswahlmannschaften bis zu den 1960er-Jahren eine herausragende Rolle. Vor allem Spiele gegen Teams aus dem europäischen Ausland wurden über die Fußballfamilie hinaus öffentlich wahrgenommen und zogen das Publikum in die Stadien. Beliebte Gegner waren beispielsweise die Teams aus Prag, Wien, Paris, Basel, Kopenhagen oder Budapest. Für die Aktiven war die Berufung in die Stadtauswahl eine hohe Auszeichnung und nicht zufällig bezeichnete man über Jahrzehnte hinweg diese Fußballer als „Repräsentativspieler“.
Bereits zwei Jahre nach der Gründung des Verbandes Deutscher Ballspielvereine wagten die Funktionäre erste internationale Begegnungen mit Auswahlmannschaften anderer Städte. Die Premiere am 29. Oktober 1899 in Wien konnten die Berliner 2:0 für sich entscheiden.
Zu einem Höhepunkt im Leben des noch jungen Verbandes wurde die Reise zu englischen Clubs im Januar 1901. Allen Berliner Fußballbegeisterten war damals bewusst, dass man von den Briten lernen musste, wollte man den Rasensport in Deutschland voranbringen. Die Herausforderungen im Vorfeld einer solchen Fahrt waren für die Fußballpioniere enorm, denn es galt die finanziellen Mittel aufzubringen, die Fahrt zu organisieren und ausreichend Spieler für die Begegnungen zu gewinnen.
Englandreise 1901: Spielpraxis auf höchstem Niveau
14 Spieler und einige Offizielle machten sich am Neujahrstag 1901 auf den Weg und absolvierten bereits am 3. Januar in Southampton ihr erstes von insgesamt fünf Spielen. Die Mannschaft um Paul Eichelmann (BFC Germania 1888) und Walter Jestram (Britannia 1892) war unmittelbar nach der Überfahrt in der Hafenstadt angetreten! Dass alle angesetzten Begegnungen bei einem Torverhältnis von 12:34 gegen die Berliner verloren gingen, überraschte weder Aktive noch Beobachter. Die Fußballer aus der deutschen Hauptstadt waren nicht im Geringsten über die Niederlagen betrübt, sondern sahen den Gewinn in den Begegnungen mit Sportlern des anderen Landes und in der Spielpraxis auf höchstem Niveau.
Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Teilung des Berliner Fußball-Verbandes in den West-Berliner VBB und den Ost-Berliner Bezirksfachausschuss im Fußball-Verband der DDR bekamen die sportlichen Begegnungen mit ausländischen Auswahlmannschaften oftmals einen politischen Akzent. Vor allem die DDR legte großen Wert darauf, die Spiele propagandistisch auszunutzen. Als am 7. Oktober 1956 vor 50.000 Zuschauern im Walter-Ulbricht-Stadion das Ost-Berliner Team gegen die Moskauer Auswahl antrat, feierte die Zeitung der SED das Ereignis als ein „großartiges Geschenk“ der Sowjetunion „zum siebten Republikgeburtstag“. Die Ost-Berliner Spieler wie der zweimalige Torschütze Günther Wirth von Vorwärts Berlin sahen jedoch mehr das Sportliche im Vordergrund und gingen nur ungern als Verlierer mit 2:6 Toren vom Platz.
USA-Reise der VBB-Auswahl: 15.000 Zuschauende
Der VBB nutzte seine Kontakte in anderer Richtung und veranstaltete im Mai 1959 eine USA-Reise, die bei Spielern und Funktionären als Erlebnis lange nachwirkte. Die Berliner Stadt-Elf konnte alle sechs Spiele für sich entscheiden und bezwang vor 15.000 Zuschauenden sogar die US-Nationalmannschaft mit 3:1. Unter den Amerika-Fahrern des VBB war unter anderem Helmut Faeder, der im August 1963 am ersten Bundesliga-Spieltag für Hertha BSC in der Startformation stand.
Die Veränderungen des Fußballs ab Mitte der 1960er-Jahre – wie die zunehmende Professionalisierung und der Bedeutungszuwachs der elektronischen Medien, insbesondere des Fernsehens – führten zu einem Verlust an Attraktivität der Städtespiele. Fortan wandelte sich der Charakter der internationalen Begegnungen und sie dienten stärker der Entwicklung des Amateurfußballs sowie dem freundschaftlichen Sportaustauch.
Die Etablierung des Sports in Deutschland
Nach dem Ersten Weltkrieg erlebte der Sport in Deutschland einen enormen Aufschwung und etablierte sich in der Gesellschaft. Boxen, Leichtathletik, Motorsport und Radsport begeisterten das Publikum, doch speziell der Fußball wurde in der Weimarer Republik zum Massenphänomen. In den Großstädten des Landes entstanden in weniger als zwei Jahrzehnten Sportstätten neuer Bauart und Dimension. In Berlin wurden unter anderem die AVUS (1921), das Poststadion (1929), die Schwimmhalle in der Gartenstraße, (1930) die Deutschlandhalle (1935) und das Olympiastadion (1936) eingeweiht, die zum Teil bis in die Gegenwart von zentraler Bedeutung für den Freizeit- und Spitzensport der Stadt sind.
Der zunehmende Massencharakter des Fußballs stellte sich in jenem Zeitabschnitt in der wachsenden Zahl der aktiven Vereinsmitglieder und Vereine dar. Deutlicher wurde den Zeitgenossen das Phänomen jedoch durch den massenhaften Zulauf des Publikums, das die Begegnungen auf dem Rasen verfolgte. Die Herausforderungen für die Sportfunktionär:innen und Architekt:innen beim Bau der Stadionneubauten ergaben sich vor allem aus der Notwendigkeit, dem wachsenden Zuschauendeninteresse gerecht zu werden und ausreichend große Arenen zu schaffen.
Der VBB und seine Vereine erkannten die neue Situation ihres Sports und setzten sich im Interesse des Fußballs für Stadionbauten in Berlin ein, wobei sie selbst aktiv wurden. Zum einen wollten sie den Fußball weiterverbreiten und zum anderen garantierte der Zuschauendenzuspruch Einnahmen. Den damaligen Akteur:innen war klar, dass vor allem eine stabile finanzielle Basis die Zukunft des Sports sichern kann. Dementsprechend stellten sich auch die Vereine dem gesteigerten Zuspruch und schufen sich eigene Sportstätten in zuvor nicht dagewesener Größe.
Bedeutende Sportstätten entstanden
1923 fusionierte BFC Hertha 1892 mit dem finanzstarken Berliner Sport-Club, dem die Platzanlage auf der Südseite der Behmstraße im Wedding gehörte, und trug fortan den Namen Hertha BSC. Unmittelbar nach dem Zusammenschluss wurde mit dem Bau eines eigenen Stadions begonnen, das im Volksmund „Plumpe“ genannt wurde und sich zu einem der bedeutendsten Fußballstadien Berlins für die nächsten 40 Jahre entwickelte.
Der BFC Preussen errichtete ab 1924 an der Ostseite des Tempelhofer Damms eine Sportstätte, die bis zu 40.000 Zuschauenden Platz bot, sich jedoch bald als überdimensioniert erwies, da der Verein nicht mehr an die großen Erfolge vor 1918 anknüpfen konnte und wenige Jahre später in Berlin mehrere große Plätze existierten. 1936 musste das Stadion dem Neubau des Flughafengebäudes weichen.
Die Anlage des Poststadions entstand zwischen 1926 und 1929 im Auftrag der Reichspostverwaltung. Auf dem Gelände eines ehemaligen Exerzierplatzes in Moabit entstand ein weitläufiger Komplex mit einem Wettkampfstadion, Fußballplätzen, Tennisplätzen, einer Schwimm- und einer Ruderhalle. Er löste in seiner Bedeutung für die Stadt das Deutsche Stadion im Grunewald ab und wurde zum Schauplatz zahlreicher nationaler und internationaler Begegnungen im Fußball. Das Poststadion war eine der ersten Multifunktionsarenen in Deutschland und wurde zum Vorbild zahlreicher Sportstätten.
Der Architekt des Poststadions war Georg Demmler, selbst ein vielseitiger Sportler, Fußball-Pionier der ersten Stunde, Vereinsfunktionär und Initiator der Gründung des DFB. Er wandte sich nach seiner aktiven Laufbahn als Fußballer und Leichtathlet dem Sportstättenbau zu. Sein Schaffen setzte national und international Maßstäbe.
Die Berliner Vereine nutzten bei ihren Bauvorhaben die kommunalen und staatlichen Fördermöglichkeiten wie Bauzuschüsse, Steuererleichterungen und Maßnahmen der Arbeitsförderungen voll aus. Aber auch die politisch Verantwortlichen und die Verwaltungen erkannten den Nutzen von Sportstätten für die Stadtentwicklung und die Bevölkerung Berlins.
Mit der Errichtung des Olympiastadions, dessen Planungen bereits 1931 nach der Vergabe der Olympischen Sommerspiele an Berlin begannen, endete eine wichtige Phase des Sportstättenbaus in Berlin. Das am 1. August 1936 in der Zeit der NS-Diktatur eingeweihte Stadion ist noch heute von außerordentlicher Bedeutung für die Stadt. In der Gegenwart des Fußballs spielt es national und international eine herausragende Rolle, sei es als Spielstätte des Bundesligisten Hertha BSC oder als Ort des alljährlichen Finales im DFB-Pokal. Auch in Zukunft werden wieder die Blicke der Fußballbegeisterten aus aller Welt auf das Olympiastadion gerichtet sein, wenn es zum Austragungsort des Endspiels der Europameisterschaft 2024 wird.
Inklusion auf großer Bühne
Im Mai 2010 fand in Berlin ein denkwürdiges Fußballspiel vor bemerkenswerter Kulisse statt. Aufeinander trafen die deutsche und die türkische Nationalmannschaft, und der Austragungsort war nicht etwa eines der viele Fußballstadien in der Stadt, sondern die Wiese vor dem Reichstagsgebäude. Es handelte sich um eine Partie im Blindenfußball, für die eigens eine kleine Arena an dieser geschichtsträchtigen Stätte errichtet wurde.
Im Blindenfußball treten fünf Spieler:innen auf beiden Seiten gegeneinander an, die jeweils blind oder stark sehbehindert sind. Der Ball ist im Inneren mit Rasseln ausgestattet, was den Akteur:innen erlaubt, seine Position zu lokalisieren. Die mannschaftseigenen Guides, die jeweils hinter dem gegnerischen Tor positioniert sind, sowie die Trainer:innen an den Banden dirigieren mit Zurufen ihre Spieler:innen. Diese orientieren sich untereinander und warnen sich gegenseitig mit dem Ausruf „Voy!”, der aus dem Spanischen stammt und „Ich komme!” bedeutet. Bemerkenswert ist, wie rasant das Spiel abläuft und mit welcher Ballsicherheit die Akteur:innen agieren. Wenn man sich bewusst macht, dass sie nichts sehen können, verwundert es schon, mit welchem Einsatz – um nicht zu sagen Wagemut – eine Partie im Blindenfußball vonstatten geht. Diese spezielle Spielart gibt es in Deutschland seit 2006, die vom Deutschen Behindertensportverband, dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband und der Sepp-Herberger-Stiftung gegründete Blindenfußball-Bundesliga startete im März 2008 in ihre erste Saison.
Dass die Wahl für die einmalige Austragung eines Länderspiels der Blindenfußball-Nationalmannschaft auf diesen Ort fiel und die Begegnung damit in unmittelbarer Nähe des Deutschen Bundestages stattfand, hatte natürlich symbolischen Charakter. Es sollte zum Ausdruck bringen, dass die gleichberechtigte Teilhabe aller am Leben in der Gesellschaft eine bleibende Aufgabe von Politik, aber auch der Zivilgesellschaft ist. Dies betrifft natürlich auch den organisierten Sport und damit den Berliner Fußball-Verband und seine Vereine.
Es gilt, Angebote zu schaffen, Ressourcen bereitzustellen und ein öffentliches Bewusstsein zu bilden. Öffentlichkeitswirksame Events wie jenes besagte Spiel im Mai 2010 leisten hierzu einen wertvollen Beitrag. Aber auch im Alltag müssen Vorurteile abgebaut, gegenseitiges Verständnis hergestellt und die Bereitschaft geschaffen werden, sich auf vielfältiges Anderssein einzulassen. Daran arbeitet auch der Berliner Fußball-Verband, indem er seine Mitgliedsvereine ermutigt, inklusive Strukturen und Angebote zu etablieren.
Fußball für Menschen mit geistiger Behinderung
Ein weiteres Beispiel dafür, wie Menschen mit verschiedenen Beeinträchtigungen am Fußballsport aktiv teilhaben können, ist die Deutsche Fußball-Meisterschaft der Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM), die von der BAG WfbM und der Sepp-Herberger-Stiftung veranstaltet und seit 2000 ausgetragen wird. Hier treten rund 340 Aktive mit geistigen oder psychischen Behinderungen aus den rund 700 Werkstätten in Deutschland an und ermitteln alljährlich die beste deutsche WfbM-Mannschaft.
Unterhalb dieser Ebene bieten die DFB-Landesverbände und die LAG WfbM verschiedene Spielmöglichkeiten für Werkstatt-Teams an. Dabei steht nicht allein der Wettbewerb im Vordergrund, sondern die Fußballerinnen und Fußballer sollen auf spielerische Weise Werte wie Fairplay, Toleranz und Zusammenhalt erleben sowie die Möglichkeit bekommen, für sportliche Leistungen Anerkennung zu erhalten, jenseits ihrer Behinderung wahrgenommen zu werden und sich als Teil der Gesellschaft zu fühlen.
Gegenwart und Zukunft
Um Inklusion im Fußball voranzubringen und die Vereine bei der Schaffung von entsprechenden Angeboten zu unterstützen, gibt es beim Berliner Fußball-Verband eigens die Stelle eines Inklusionsbeauftragten. Der BFV ist Mitglied im Netzwerk Sport & Inklusion und setzt sich für eine inklusive Berliner Sportlandschaft ein. Er fördert und informiert über verschiedene Fußballvarianten, die Menschen mit unterschiedlichen Handicaps das Spielen ermöglichen wie Rollstuhl-, Rollatoren oder Amputiertenfußball.
Nächster Meilenstein auf dem Weg zu mehr gesellschaftlicher Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigungen sind die Special Olympics World Games, also die Weltspiele der Menschen mit geistiger Beeinträchtigung, die im Jahr 2023 in Berlin ausgetragen werden und in deren Rahmen es auch ein Fußballturnier geben wird. Hier haben die Stadt und die Berliner Fußballfamilie erneut Gelegenheit zu zeigen, dass sie ein guter Gastgeber sind uns es mit der Umsetzung einer inklusiven Gesellschaft ernst meinen.
Ost und West vereint
Der Start der Berlin-Liga als höchste Spielklasse der BFV liegt fast auf den Tag genau drei Jahrzehnte zurück. Die Premierensaison wurde 1992/93 ausgespielt und ihr Beginn bleibt ein herausragendes Ereignis in der langen Entwicklungsgeschichte des Spielbetriebs in Berlin.
Nach dem Fall der Berliner Mauer im Verlauf der Friedlichen Revolution von 1989/90 stellte sich sehr bald die Frage nach der Zusammenführung der beiden Berliner Fußball-Verbände und einem gemeinsamen Spielbetrieb. Auf dem historischen Verbandstag am 17. November 1990, auf dem die Vereine aus dem Osten der Stadt dem BFV beitraten und die Fußball-Einheit in Berlin organisatorisch vollzogen wurde, rückte diese Debatte in den Mittelpunkt. Nach langer Aussprache beschloss die Versammlung gegen die Stimmen vieler Vereine aus dem Ostteil, die Teams der Amateur-Oberliga (West) ab 1991/92 der neuen Oberliga des NOFV zuzuordnen und die Bezirksliga (Ost) als zweite Staffel der Landesliga herabzustufen. Erst für 1992/93 wurde die Gründung einer Gesamt-Berliner Verbandsliga als höchste Spielklasse des BFV festgelegt.
Die Landesliga spielte 1990/91 in Ost und West noch getrennt, um ein Jahr später erstmals seit 1950 wieder gemischt in einem Gesamt-Berliner Spielbetrieb seinen Meister zu ermitteln. In Entscheidungsspielen setzte sich der 1. FC Lübars durch, sicherte sich die Meisterschaft 1991/92 und den Aufstieg in die Oberliga des NOFV.
Die Verbandsliga entsteht
Die bereits unmittelbar nach der Deutschen Wiedervereinigung von vielen Fußballbegeisterten gewünschte eingleisige Verbandsliga als höchste Berliner Spielklasse wurde mit der Saison 1992/93 Wirklichkeit. Es traten 16 Mannschaften an, von denen sich je fünf zuvor in den Staffeln der Landesliga qualifiziert hatten und weitere sechs aus der Oberliga abgestiegen waren. Diese Zusammensetzung belegte die mangelnde Leistungsstärke des Berliner Fußballs jener Jahre. Meister der Saison wurde der Frohnauer SC, der sich knapp vor dem punktgleichen 1. FC Wilmersdorf behauptete.
Die Berliner Verbandsliga – ab 2008 unter dem Namen Berlin-Liga – wurde durch die Reform der Spielklassen durch den DFB und die Einführung der 3. Liga unter dem Dach des Verbandes von der fünften auf die sechste Spielklassenebene herabgestuft. Diese formale Einordnung sagte jedoch nichts über das Leistungsvermögen der Teams aus, dass sich gegenüber den 1990er-Jahren gesteigert hatte.
In den letzten drei Jahrzehnten Berlin-Liga spielten einige Amateure, die mit ihren Leistungen und ihrem Engagement herausstachen. Stellvertretend sei Michael Fuß geannnt, der für mehrere Berliner Vereine auflief. In der Spielzeit 1999/2000 schoss der Stürmer Türkiyemspor fast im Alleingang zur Berliner Meisterschaft und erzielte mit 66 Toren in 34 Saisonspielen einen Rekord für die Ewigkeit.
In der Gegenwart bietet die Berlin-Liga ein hohes Niveau des Amateurfußballs. Nicht zufällig sind aktuell zwölf Berliner Mannschaften in der NOFV-Oberliga Nord und der Regionalliga Nordost vertreten. Acht von ihnen wurden allein im letzten Jahrzehnt Berliner Meister und konnten sich zum Teil ausgesprochen erfolgreich in den höheren Spielklassen etablieren.
Engagement für den Fußballsport
Die Satzung des Verbandes Deutscher Ballspielvereine, wie der Berliner Fußball-Verband bei seiner Gründung im Jahr 1897 hieß, ist leider nicht erhalten. Von daher ist auch nicht zu rekonstruieren, was ursprünglich als Zweck des Verbandes definiert war. Lediglich in der Festschrift des Verbandes zum 25-jährigen Bestehen wird ein kurzer Passus zitiert, der belegt, dass es den Gründern um weit mehr gegangen war, als nur die Organisation eines geregelten Spielbetriebes. Darüber hinaus war das erklärte Ziel des Verbandes, „dem Fußball- und Cricketspiel in den besseren Kreisen Eingang und Verbreitung zu verschaffen“. Erklärtermaßen wurde also die gesellschaftliche Anerkennung des Sports angestrebt.
Zum Selbstverständnis und ausgeprägten Selbstbewusstsein der jungen Fußballer gehörte dementsprechend, dass sie sich frühzeitig als gesellschaftliche Akteure verstanden, ihre Lebensbedingungen aktiv mitgestalten wollten und sich auf politisch-institutioneller Ebene dafür einsetzten. Für sie stand fest, wie die Zeitschrift „Mitteldeutscher Sport“ 1913 schrieb, dass nun der Sport als „gleichberechtigter Kulturfaktor (...) neben Kunst und Wissenschaft (...) getreten“ sei.
Sie suchten aktiv die Nähe zur Obrigkeit, zu staatlichen Behörden und kommunalen Stellen, um für die Interessen der Mitglieder zu werben und die Rahmenbedingungen zu verbessern. Mit Erfolg: Als nach dem Ersten Weltkrieg der Fußball zum Massenphänomen wurde, erkannte die städtische Verwaltung die Schaffung und den Unterhalt von Sportstätten, die der Allgemeinheit und den Sportvereinen zur Verfügung stehen, zunehmend als öffentliche Aufgabe.
Der Fußball etabliert sich
Umso mehr galt dies nach dem Zweiten Weltkrieg, als in mehrfacher Hinsicht der Wiederaufbau zu leisten war. Zunächst waren die Stadien und Sportplätze wieder herzurichten, die zu Großteil zerstört und unbespielbar waren. Weiterhin war der Spielbetrieb wieder zu organisieren, zunächst unter den Bedingungen der alliierten Besatzung, dann in der geteilten Stadt. Der West-Berliner Fußball litt organisatorisch und sportlich unter der Insellage, beständig musste innerhalb des Sports und gegenüber der Politik auf die besonderen Herausforderungen aufmerksam gemacht und für die Belange des Fußballs geworben werden.
Der Berliner Fußball-Verband suchte und fand die Nähe zur Politik, der Sport galt als Partner und wichtiger gesellschaftlicher Akteur. Seine Protagonisten waren umtriebig und scheuten nicht den direkten Umgang mit politischen Entscheidungsträgern – im Gegenteil: Nur so gelang es, über vier Jahrzehnten mit getrenntem Spielbetrieb in der geteilten Stadt den Berliner Fußball lebensfähig und eigenständig zu halten. Als es darauf ankam, nämlich nach dem Mauerfall, leistete der Fußball einen eigenen, bedeutsamen Beitrag zur Wiedervereinigung und zum Zusammenwachsen von Ost und West zu leisten.
Heute haben sich die Rahmenbedingungen grundlegend geändert. Die Welt ist vielfältiger und komplizierter geworden, die Herausforderungen durch gesellschaftliche Veränderungen, politische Krisen oder Megatrends wie die Digitalisierung, den demographischen Wandel u.v.a.m. sind riesig. Und doch gilt nach wie vor, dass der Berliner Fußball-Verband sich als Partner der Politik und als wichtiger Akteur der Stadtgesellschaft begreift. Und er wird nicht müde werden, sich den Gegebenheiten anzupassen und dem Fußballsport weite Verbreitung und Anerkennung zu verschaffen.
BFC Germania begründet Jugendarbeit im deutschen Fußball
Im Berliner Fußball-Verband wird in der Gegenwart dem Nachwuchs große Aufmerksamkeit zuteil. Die vielen Kinder und Jugendlichen, die unseren Ballsport in den Vereinen betreiben, haben in der Gemeinschaft zusammen Spaß, entwickeln individuelle Fähigkeiten und erleben kollektives Miteinander. Diesen Intentionen folgten schon die Begründer des Fußballs im 19. Jahrhundert.
Der BFC Germania 1888 begründete bereits die Jugendarbeit im deutschen Fußball, als sein Mitglied Georg Demmler zehn Jahre nach Gründung des Vereins eine regelmäßige Übungsgruppe von Jungen unter 18 Jahren organisierte. Die Ursprünge der Nachwuchsarbeit – die unseren heutigen Vorstellungen entsprechen – liegen jedoch erst in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg.
In der Zeit der Weimarer Republik entwickelte sich der Fußball zu einem Massensport und zog nicht nur immer mehr junge Männer an, sondern zunehmend auch Kinder und Jugendliche. Die Vereine bauten jetzt Jugendabteilungen auf und im Verband wurden Jugend-Obmänner aktiv. Mit Werbekampagnen versuchte der Fußball, für seinen Sport zu begeistern, denn die Verantwortlichen hatten erkannt, dass auf diese Weise die Zukunft gesichert wird.
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten und der Gleichschaltung der Gesellschaft, darunter auch des Sports, ordneten sich die Fußballvereine und -verbände den neuen Machthabern unter. Für Kinder und Jugendliche war in jenen Jahren Sport nur möglich, wenn sie auch den Organisationen des NS-Regimes angehörten. Jüdische Nachwuchssportler wurden ausgeschlossen. An den gesellschaftlichen Rand gedrängt, organisierten diese sich in eigenen Vereinen, mussten jedoch ab 1938/39 im Verborgenen Fußball spielen.
In den Nachkriegsjahren ab 1945 bekam der Sport für Kinder und Jugendliche eine wichtige gesellschaftliche Funktion. In der stark kriegszerstörten Stadt Berlin war Fußball die erste Sportart, die wieder ausgeübt werden konnte. Die Sportgruppen und später die Vereine boten jungen Menschen sozialen Halt. Vielen Kindern und Jugendlichen gab der Sport in entbehrungsreichen Jahren Lebensorientierung.
Gesamtgesellschaftlicher Beitrag des Nachwuchsfußballs
Die Teilung Deutschlands 1949 traf Berlin im besonderen Maße. In der Stadt entwickelten sich nach der Spaltung entsprechend den gegensätzlichen Gesellschaftssystemen zwei Sportsysteme. In Ost-Berlin hatte sich der Kinder- und Jugendsport auch im Fußball den politischen Richtlinien zu fügen. Speziell der Fußballnachwuchs geriet in die Mühlsteine zwischen der außergewöhnlichen Förderung des Spitzensports in den Sportclubs sowie auf den Kinder- und Jugendsportschulen und den oft unzureichenden Voraussetzungen im Breitensport, der in Betriebssportgemeinschaften organisiert war.
In West-Berlin entwickelte sich die Sportbewegung auf demokratischem Boden und ließ der Nachwuchsförderung mehr freien Raum bei der Entwicklung. Zu Zentren der Nachwuchsarbeit wurden Vereine wie Hertha BSC, Hertha 03 Zehlendorf, die Reinickendorfer Füchse und Tennis Borussia. Viele Talente der Stadt verließen jedoch West-Berlin, das – von der Mauer umgeben – unter schwindender Wirtschaftskraft litt. Trotz aller Probleme, die die Teilung auf beiden Seiten der Berliner Mauer mit sich brachten, leisteten die Vereine eine exzellente Nachwuchsarbeit, die Könner wie Thomas Häßler, Pierre Littbarski, Frank Rohde und Andreas Thom hervorbrachte.
Seit der Deutschen Wiedervereinigung 1990 entwickelte sich der Kinder- und Jugendfußball enorm und erreichte quantitativ wie qualitativ ein zuvor nie gekanntes Niveau. Der Berliner Fußball-Verband legte sein Augenmerk einerseits auf hohe Standards bei der systematischen Ausbildung der Übungsleiter:innen und Trainer:innen sowie andererseits auf die kontinuierliche Entwicklung des Nachwuchses. Großen Aufschwung nahm der Mädchenfußball.
Der Fußball in den verschiedenen Altersklassen der Jugend hatte schon immer eine wichtige Funktion über den Sport hinaus, denn hier üben die Mädchen und Jungen auf und neben dem Platz das Miteinander über soziale und kulturelle Grenzen hinweg. Insbesondere den vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern und nicht selten jungen Trainerinnen und Trainern kommt dabei eine wichtige Aufgabe zu. Sie leisten einen erheblichen Beitrag für den Zusammenhalt und die Zukunft der Gesellschaft.
Der Berliner Fußball-Verband blickt in diesem Jahr auf seine 125-jährige Geschichte zurück. Dass er so alt ist, ist unstrittig, denn seit seiner Gründung am 11. September 1897 als Verband Deutscher Ballspielvereine verlief seine Geschichte zwar nicht bruchlos, jedoch mit eindeutiger Kontinuität. Und dennoch kann er in diesem Jahr nicht nur auf das einmalige historische Ereignis vor 125 Jahren zurückschauen, sondern hat im Grunde bereits drei Gründungen hinter sich.
Die Gründung vor 125 Jahren
Ins Leben gerufen wurde der Verband vor 125 Jahren im „Dustren Keller“ in der Bergmannstraße, der Vereinskneipe des BFC Preussen von 1894. Die Vertreter von sieben Berliner Vereinen gründeten am 11. September 1897 den Verband Deutscher Ballspielvereine (VDB), der sich später in Verband Berliner Ballspielvereine umbenennt und als Berliner Fußball-Verband bis heute existiert. Die Versammlung fand in geselligem Rahmen statt, wie überhaupt die jungen Fußballer Wert auf Kameradschaft und respektvollen, freundschaftlichen Umgang miteinander legten.
Nachdem in der Anfangszeit zahlreiche Verbände miteinander konkurriert hatten und in den 1890er-Jahren zunächst der Deutsche Fußball- und Cricket-Bund die Entwicklung bestimmte, bewirkte die strenge Führung des VDB einen Qualitätssprung in der Selbstorganisation des Fußballs. Die oft noch ungestüme Spielfreude wird zunehmend in Strukturen gefasst, was dem Sport Kontinuität und gesellschaftliche Akzeptanz sichert.
In der Weimarer Republik entwickelte sich der Sport und vor allem der Fußball zu einem Massenphänomen, mit stetig steigenden Mitgliederzahlen in den Vereinen und einem wachsenden Zustrom an Zuschauer:innen. Fußball verlor seinen überwiegend bürgerlichen Charakter und wurde zunehmend zu einem proletarischen Spiel. Neben den Wettbewerben des DFB etablierten sich ein regelmäßiger Spielbetrieb der konfessionell gebundenen Vereine sowie vor allem des Arbeiter-Turn- und Sportbundes (ATSB), der VBB behauptete jedoch seine Vormachtstellung.
Gleichschaltung in der NS-Zeit und Neugründung nach 1945
1933 unterwarf sich der VBB nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten bereitwillig den neuen Herrschern, ließ sich im System gleichschalten und passte sich den Strukturen des NS-Regime an. Der DFB wurde als „Fachamt Fußball“ in den nationalsozialistischen Deutschen Reichsbund für Leibesübungen eingegliedert. Am 4. Juli 1933 erfolgte auf dem Verbandstag in Anwesenheit von 111 Vereinen einstimmig die Liquidation des VBB, Berlin und Brandenburg werden zu „Gau 3“ des Fachamtes zusammengeführt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg bestimmten die vier alliierten Siegermächte die gesellschaftliche Entwicklung Deutschlands. Nachdem sich die Fußballer in den unmittelbaren Nachkriegsjahren in kommunalen Sportgemeinschaften organisieren konnten, wurden ab 1949 zahlreiche Traditionsvereine wieder zugelassen. Am 2. Dezember 1949 konstituierte sich der Verband Berliner Ballspielvereine neu. Erster Präsident des Verbandes wurde Paul Rusch, der bis 1970 amtierte.
Mauerfall und Wiedervereinigung
Nach dem Fall der Mauer im Herbst 1989 bot sich den Akteur:innen in Ost und West die einmalige Chance, den Fußball in beiden Teilen der Stadt wieder zu vereinen. Die Mannschaften in Ost-Berlin, die im Bezirksfachausschuss des Deutschen Fußball-Verbandes der DDR organisiert waren, gründeten am 22. Juni 1990 den Fußball-Verband Berlin (FVB), der im Grunde die alleinige Bestimmung hatte, bei der geplanten Zusammenschließung als Gegenüber des West-Berliner Fußball-Verbandes (BFV) zu fungieren.
Am 17. November 1990 – also noch vor der Vereinigung der Fußball-Verbände auf Bundesebene, die am 20. November 1990 in Leipzig stattfand – beschloss der FVB seine Auflösung und die Ost-Berliner Vereine traten auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung im Hotel Intercontinental geschlossen dem BFV bei. Wenige Wochen zuvor trafen am 21. Oktober 1990 im Hans-Zoschke-Stadion die Amateur-Auswahlmannschaften des FVB und des BFV im DFB-Länderpokal aufeinander.
Rückblick und Ausblick
In den zurückliegenden drei Jahrzehnten seit der Wiedervereinigung hatte der Berliner Fußball-Verband zahlreiche Herausforderungen zu bewältigen: Vom Zusammenwachsen von Ost und West, über sportliche Höhepunkte wie die Fußball-WM 2006 oder die alljährlichen DFB-Pokalendspiele, über unschöne Begleiterscheinungen wie Gewalt auf oder neben dem Fußballplatz, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, bis hin zu den jüngsten gesellschaftlichen Aufgaben wie der Integration von Menschen mit Fluchterfahrung oder der Bewältigung der Corona-Pandemie.
Die Berliner Fußball-Familie ist seitdem kontinuierlich gewachsen. Der Verband übernimmt soziale Verantwortung und hat seinen festen Platz als gesellschaftlicher Akteur der Stadt. Das soll auch in Zukunft so bleiben.
Die Berliner Fußball-Woche hat anlässlich des 125-jährigen BFV-Jubiläums eine zwölfteilige Artikelserie zur Verbandshistorie veröffentlicht. Diese ist wöchentlich als Sonderbeilage in den Printausgaben des Magazins erschienen und kann hier heruntergeladen werden:
11. September 1897
Im "Dustren Keller", einer Vereinskneipe in der Bergmannstraße, gründen die Vertreter von sieben Berliner Vereinen den Verband Deutscher Ballspielvereine (VDB).
28. Januar 1900
Auf Initiative des Berliner Georg Demmler kommt es in Leipzig unter Anwesenheit vieler Berliner Vereinsvertreter zur Gründung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB).
1902
Nach dem Beitritt der Berliner Vereine zum DFB benennt sich der Verband Deutscher Ballspielvereine in Verband Berliner Ballspielvereine (VBB) um.
1911
Auf Druck des DFB fusioniert der Verband Berliner Ballspielvereine mit dem Märkischen Fußball-Bund und dem Verband Berliner Athletik-Vereine und nennt sich fortan Verband Brandenburgischer Ballspielvereine (VBB).
1933
Der DFB und VBB lösen sich faktisch selbst auf und werden als Fachamt Fußball in den Nationalsozialistischen Reichsbund für Leibesübungen eingegliedert. In dessen territorialer Struktur werden Berlin und Brandenburg zu "Gau III".
1945
Nach dem Ende des 2. Weltkrieges wird der organisierte Sport in Berlin aufgelöst und die Vereine durch die Alliierten verboten, der Fußball stattdessen in bezirklichen Sportgemeinschaften organisiert.
2. Dezember 1949
Nachdem der organisierte Sport durch die Alliierten wieder zugelassen wird, gründet sich im "Swinemünder Gesellschaftshaus" am Gesundbrunnen der Verband Berliner Ballspielvereine neu.
3. Juli 1950
Unter dem Dach des Deutschen Sportausschusses konstituiert sich der Fachausschuss Fußball als Vorgänger des Deutschen Fußball-Verbandes der DDR. Im Dezember 1950 erfolgt die Umbenennung in "Sektion Fußball".
17./18. Mai 1957
In Ost-Berlin erfolgt die Gründung des Deutschen Fußball-Verbandes der DDR (DFV). Der Spielbetrieb im Ostteil der Stadt wird fortan im Bezirksfachausschuss Fußball organisiert.
1985
Der Verband Berliner Ballspielvereine benennt sich nach einem Beschluss der Mitgliederversammlung in Berliner Fußball-Verband (BFV) um.
22. Juni 1990
Mit Unterstützung des BFV wird in Ost-Berlin der Fußball-Verband Berlin gegründet.
17. November 1990
Nachdem der Fußball-Verband Berlin seine Auflösung beschlossen hat, treten die Mitglieder auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung im Hotel Intercontinental dem BFV bei. Ein Überleitungsvertrag regelt die Einzelheiten bis zum ordentlichen Verbandstag im Herbst 1991.
20. November 1990
Der Deutsche Fußball-Verband der DDR (DFV) löst sich am 20. November 1990 in Leipzig selbst auf und konstituiert sich als Nordostdeutscher Fußballverband (NOFV) neu.
11. September 2022
Der Berliner Fußball-Verband feiert mit einem Festakt im Roten Rathaus sein 125-jähriges Bestehen.
Nachfragen zur Historie des Berliner Fußballs können an folgende Adresse gerichtet werden:
Sport:Kultur e.V.
c/o Berliner Fußball-Verband e.V.
Humboldtstraße 8a
14193 Berlin