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Inklusive Tandemausbildung: per „Doppelpass“ zum DFB-Basis-Coach

Sonntagnachmittag auf dem Gelände des Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportparks. Die Sonne brennt an diesem 22. Juni 2025 unerbittlich auf die Anlage im Herzen Prenzlauer Bergs hernieder, als wolle sie beweisen, dass der gestrige kalendarische Sommeranfang nicht nur der symbolische Beginn der heißen Jahreszeit gewesen sein sollte. Die öffentlich zugänglichen Sportflächen, die an Wochenendtagen zumeist mehr als gut besucht sind, kommen heute eher mäßig gefüllt daher – ganz anders als die Freibäder und Badeseen der Stadt und des Umlands. 

Es sind vielleicht nicht unbedingt die Wetterbedingungen, die man sich für den Abschlusstag eines Trainer:innenlehrgangs wünscht. Knapp sieben Stunden Programm mit Theorieblöcken und knackigen Praxiseinheiten auf dem Rasen des kleinen Stadions haben die Teilnehmenden des DFB-Basis-Coach-Lehrgangs „Doppelpass“ an diesem Sonntag bereits absolviert. Wenn man in die 21 Gesichter blickt, die das inklusive Ausbildungsformat, gleich erfolgreich mit dem Erhalt ihrer Zertifikate abschließen werden, sieht man aber weniger Erschöpfung als vielmehr Stolz, Dankbarkeit und Freude.

„Wichtiger Schritt für Inklusion im Fußball“

Die inklusive Tandemausbildung „Doppelpass“ ist ein Pilotprojekt, das der Fußball-Landesverband Brandenburg (FLB) und der Berliner Fußball-Verband (BFV), unterstützt von den Behinderten- und Rehabilitationssportverbänden (BSB) Brandenburg und Berlin sowie der AOK Nordost, Anfang 2025 ins Leben gerufen haben (Artikel zur Projektvorstellung). Das Format ermöglicht es Menschen mit geistiger Behinderung, zusammen mit Tandempartner:innen ohne Beeinträchtigung, den ersten Schritt der offiziellen Trainer:innenausbildung im deutschen Fußball zu absolvieren, den DFB-Basis-Coach. Der deutschlandweit einzigartige Lehrgang fand im März 2025 erstmals in Cottbus statt, im Juni folgte die Premiere in Berlin. 

Nach insgesamt sechs Präsenz-Lehrgangstagen und 40 absolvierten Lerneinheiten (LE) haben es alle 21 Teilnehmenden des ersten Berliner „Doppelpass-Lehrgangs“ geschafft: Im Kompetenzzentrum für Inklusionssport (KIsS) erhalten sie die Zertifikate, die ihnen die Basisqualifikation als Trainer:in bescheinigt. Bei der abschließenden Übergabe richten sich die beiden Referenten Marcus Hildebrandt und Paul Voß, die auch bereits den Cottbusser Lehrgang geleitet hatten, mit persönlichen Worten an jede:n einzelne:n Teilnehmer:in. Das konstruktive und sehr wertschätzende Feedback kommt an und hinterlässt nicht nur bei den Absolvent:innen Eindruck. „Ich habe eine Gänsehaut“, berichtet Malte Schruth, BFV-Präsidialmitglied Innovation, Vereins- und Verbandsentwicklung und Qualifizierung, der den letzten Lehrgangstag im Jahn-Sportpark besucht. „Die Begeisterung und das Engagement, das von jedem und jeder hier gelebt wird, zeigt, dass wir mit diesem Pilotprojekt einen richtigen und wichtigen Schritt für Inklusion im Fußball gegangen sind. Die Erfahrungen aus dem ersten Lehrgang in Berlin werden wir mitnehmen und bestärken uns darin, das ‚Doppelpass-Format‘ auch zukünftig fortzuführen.“ 

„Der Fußball fragt nicht, wer du bist“

Zu den 21 frischgebackenen Basis-Coaches gehören auch Benni und Hanni. Benni ist seit mehreren Jahren in der Berliner ID-Liga, einer inklusiven Fußballliga für Menschen mit intellektuellen Beeinträchtigungen, als Spieler aktiv. Dort kickte er zunächst mehrere Jahre für den SC Lebenshilfe (SCL), jetzt wechselt er zu Vereinigung für Jugendhilfe (VfJ). Die Sport-Assistenz-Ausbildung für den Inklusionsfußball hat er bereits erfolgreich absolviert und als er von dem neuen DFB-Basis-Coach-Lehrgang „Doppelpass“ hörte, war er sofort Feuer und Flamme. „Es hat sehr viel Spaß gemacht und ich möchte mit meiner Trainer-Ausbildung weitermachen. Der Behindertensport wird leider immer noch zu wenig unterstützt, deshalb war es umso wichtiger mit diesem Lehrgang ein Zeichen zu setzen und zu zeigen, dass wir hier sind und lernen wollen.“ 

Bennis Tandempartnerin Hanni ist durch ihren Patenonkel Lars Mrosko, Initiator des Projekts und Inklusionsbeauftragter des Fußball-Landesverbands Brandenburg, auf den „Doppelpass-Lehrgang“ aufmerksam geworden. Sie spielt im Juniorinnen-Bereich von Hertha BSC und will den Fokus erstmal auf ihre aktive Laufbahn legen. Die Teilnahme am inklusiven DFB-Basis-Coach war aber auch für Hanni eine wertvolle Erfahrung: „Man nimmt hier sehr viel mit und wächst nicht nur fachlich, sondern auch menschlich. Als Tandem wollten wir ein Zeichen dafür setzen, dass Unterschiedlichkeit kein Hindernis ist, als vielmehr eine Stärke. Der Fußball fragt nicht, wer du bist, sondern wie du spielst bzw. coachst. Diese Werte vermittelt der Lehrgang und deshalb war es für uns alle ein prägendes Erlebnis.“

Für die 21 neuen Basis-Coaches geht es nun darum, das Gelernte auch in der Praxis anzuwenden. Von den Absolvent:innen des Pilotlehrgangs in Brandenburg haben vier bereits einen festen Trainer:innenposten inne – ein wichtiger Schritt hin zu mehr Inklusion im Fußball, der durch weitere „Doppelpass-Lehrgänge“ in Zukunft gefestigt werden soll.

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