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„Der Finaltag der Amateure ist längst zum Feiertag für alle geworden“

Dirk Brennecke, Leiter der Steuerungsgruppe des Finaltags der Amateure und Geschäftsführer des Fußball-Verbandes Mittelrhein, und Ingolf Geske, einer der CvDs (Chef vom Dienst) der ARD-Sportschau, zählen zu den Initiatoren des bundesweiten Finaltags der Amateure, der am 24. Mai zum zehnten Mal steigt. Sie blicken auf ein Jahrzehnt voller spannender Entwicklungen und Geschichten zurück und bescheinigen der Veranstaltung eine vielversprechende Zukunft.

Herr Geske, Herr Brennecke, der Finaltag der Amateure feiert Jubiläum. Zum zehnten Mal sind die Landespokal-Endspiele am 24. Mai in einer großen Live-Konferenz der ARD zu sehen. Erfüllt das größte Amateurfußballevent Sie als seine Macher mit Stolz? 

Geske: Ich war ehrlich gesagt überrascht, als mir neulich der Zeitraum bewusst geworden ist. Ich denke, ein bisschen stolz darf man darauf sein, dass wir das in der ARD schon so lange begleiten. Wir werden das Jubiläum zelebrieren. 

Brennecke: Ich empfinde vor allem Freude, wenn ich die Entwicklung des Events Revue passieren lasse - vom Beginn, als wir 21 Landesverbände zum Mitmachen bewegen mussten, über schwierige Zeiten während der Pandemie bis zum herausragenden Status heute. Das geschafft zu haben, ist der Verdienst vieler engagierter Menschen, etwa in der Steuerungsgruppe zum Finaltag der Amateure, bei den Landesverbänden und in der ARD. 

Wer hatte die Idee und welche Herausforderungen galt es vor der Erstauflage zu meistern? 

Brennecke: Am Anfang stand die Ambition von Steffen Simon, damals WDR-Sportchef, etwas für den Amateurfußball zu tun. Wenn es mir gelinge, die Finals der drei Landesverbände in NRW zusammenzubringen, dann werde man diese im WDR übertragen, hat er mir gesagt. Das war der Ausgangspunkt. Wir mussten die Spielpläne angleichen und manch andere Herausforderung meistern, aber es hat 2015 geklappt.

Dabei ist es aber nicht geblieben. 

Brennecke: Nein, dasselbe Wechselspiel zwischen Aufgabe und Angebot gab es dann für alle 21 Landespokalfinals. Als wir das sehr schnell unter Dach und Fach gebracht haben, war Steffen Simon erstmal positiv geschockt. Er hat jedoch Wort gehalten und die Übertragung ist in das „Erste“ gegangen. Für viele war diese Entwicklung nicht vorstellbar. Es mussten schließlich 21 Endspiele gebündelt werden und die Pokalwettbewerbe deutschlandweit an diesem Tag enden – unabhängig vom unterschiedlichen Beginn der Sommerferien und anderen Formalitäten. 

Geske: Für uns galt es zu diesem Zeitpunkt, ein Konzept zu erarbeiten und mit allen Landesrundfunkanstalten umzusetzen. Die beiden entscheidenden Zahlen waren die Neun und die 21. Erstere steht für die Anzahl der beteiligten Rundfunkanstalten, zweitere für die Anzahl der Landesverbände des DFB. Und zusammen ergeben sie ein sehr hohes Maß an Koordinierung, die da auf uns alle damals zukam. Steffen Simon hat letztlich alle Sportchefs von der Idee überzeugt. Ich bin dann der Redakteur geworden, der seither alles als „Head of“ begleitet, die Impulsgeber aber waren Steffen Simon und Dirk Brennecke. Sie haben die Idee durchgefochten.  

Brennecke: Wir haben im ersten Moment gemerkt, dass wir für das Thema brennen und Lust haben, es zum Erfolg zu führen. Das gilt zweifellos auch für Dich, Ingolf. Erst danach kam bei mir das große Lernen. In den Landesverbänden haben wir die Fragestellungen der Fernsehmacher kennen- und beachten gelernt. Der Finaltag der Amateure ist auf diese Weise zum Weiterentwicklungsprogramm für die Fußball-Landesverbände geworden. Heute wissen wir, wie man Großveranstaltungen meistern und für die Entwicklung nutzen kann. Das ist ein großer Gewinn.  

Wie groß ist der Aufwand für „Das Erste“? 

Geske: Der Aufwand ist immens. Wir mussten bei zeitweilig 21 Finals schließlich 21 Spielorte mit Übertragungswagen ausstatten, jeweils drei bis fünf Kameras installieren, bei den Topspielen sogar noch mehr. Damit benötigen wir allein rund 120 Kameraleute. Hinzu kommen Kommentatoren, Field-Reporter und Redakteure in jedem Stadion. Da kommt man an Grenzen. Andererseits zeigt es auch die Stärke des föderalen ARD-Konzepts, dass es einfach jedes Jahr auf höchstem Niveau realisiert werden kann.  Das klappt  nur mit einem funktionierenden Team   

Brennecke: Wenn Gesprächspartner*innen diesen Aufwand nicht wertschätzen, schlage ich immer vor, mal 21 Namen von ARD-Kommentatoren aufzuschreiben. Da müssen die meisten Leute irgendwann passen. Das verdeutlicht die Dimension der Veranstaltung. 

Wie hat sich die Resonanz auf Livestreams und TV-Übertragung entwickelt? 

Geske: Die Entwicklung der TV-Quote ist ein zusätzliches Argument für die Fortsetzung der Veranstaltung. Es waren mal sechs bis sieben Prozent Marktanteil, wohlgemerkt bei siebeneinhalb bis acht Stunden Sendezeit. Zuletzt lagen wir bei mehr als zehn Prozent über die gesamte Zeit und im Maximum zur Primetime sogar bei bis zu 15 Prozent. Das ist enorm und füllt die Idee mit Leben, etwas für den Amateurfußball zu bewegen und damit dem Ehrenamt und der Basis einmal im Jahr eine besondere Plattform zu bieten. 

Gräbt man mit der Übertragung aller Spiele nicht den Vereinen das Wasser ab, weil Fans lieber auf dem Sofa sitzen bleiben, als ins Stadion zu gehen? 

Brennecke: Das Gegenteil ist der Fall. Mit dem Finaltag haben wir den Pokalwettbewerben in den Landesverbänden eine deutlich höhere Aufmerksamkeit verschafft, den Stellenwert erhöht. Die Stadien sind gut besucht, immer häufiger sogar ausverkauft. Von Vereinen und Aktiven erhalten wir sehr positive Resonanz. Über die intensive mediale Begleitung haben wir einen Imagetransfer geschafft. Und das zahlt sich am Ende auch wirtschaftlich aus. Bester Beleg ist die Gewinnung von Volkswagen und der Bundeswehr als bundesweit aktive Partner. 

Man verlässt am Finaltag ganz bewusst die Ebene des hochprofessionellen Fußballs, sendet aus vergleichsweise kleinen Stadien und arbeitet mit lokalen Organisator*innen zusammen. Macht das die Übertragung zum Abenteuer?

Geske: Manchmal ist Improvisationstalent gefragt. Moderator Gerd Gottlob ist im Hamburger Stadion Hoheluft mal auf einen Bauturm geklettert, um zu kommentieren. Manche Stadien sind aus TV-Sicht schlicht nicht gut geeignet, weil die Sonneneinstrahlung stört oder es an geeigneten Stellen für den Aufbau von Kameras fehlt. Das versuchen wir dann im Vorfeld zu vermitteln. Im Saarland hat mal ein Endspiel in einem sehr kleinen Stadion stattgefunden. Alles war beengt. Mehrfach sind Zuschauer*innen über Kabel gestolpert und dabei wurde dann auch ein Hauptstromkabel gezogen. Vom dortigen 5:1 waren dann nur drei Tore live zu sehen, die übrigen mussten wir nachreichen. Zum Glück hatten wir die Treffer zufällig mit nicht vom Stromausfall betroffenen Kameras aufgezeichnet. Für manche Stadien, die immer wieder Finalort sind, haben wir inzwischen auch Konzepte in der Schublade. Es gibt allerdings immer mal wieder organisatorische oder technische Herausforderungen, die redaktionelle Arbeit beginnt sowieso stets bei null. Aber darin liegt auch der Reiz. Tom Bartels hat mal gesagt, die Vorbereitung auf den Finaltag der Amateure, sei schwieriger als auf ein WM-Finale, mache aber mindestens genauso viel Spaß.  

Wäre es nicht einfacher, überall einen geeigneten, festen Endspielort festzulegen? 

Brennecke: Einige Landesverbände haben das getan, darunter auch wir am Mittelrhein. Das bietet organisatorische Vorteile. Allerdings ist das bei flächenmäßig deutlich größeren Verbänden wie dem Bayerischen Fußball-Verband nicht ideal. Die Finals sollen schließlich Publikum anziehen und dürfen daher nicht zu weit entfernt von der Heimat der beteiligten Vereine stattfinden. Entscheidend ist für mich zweierlei: Wir müssen die Stadien so vorbereiten, dass diese echte Endspielatmosphäre versprühen. Fans, Spieler und Verantwortliche müssen im ersten Augenblick spüren, dass ein besonderer Moment gekommen ist. Der andere Aspekt besteht darin, dem Fernsehen und Sponsoren gute Bedingungen zu bieten. Beides gelingt meines Erachtens, auch weil in den Finaltag bundesweite Partner involviert sind. 

Die Bilder der vergangenen Austragungen vermitteln diese Endspielatmosphäre großartig. Inwiefern ist da eine Entwicklung in den bisherigen neun Jahren zu beobachten? 

Geske: Es war von Beginn an eine Euphorie bei den teilnehmenden Klubs zu spüren.  Aber eines hat sich merklich verändert: In diesem Jahr sind sieben Sechstligisten dabei. Rekord! Das zeigt, mit welchem Einsatz auch niederklassige Vereine nun diesen Wettbewerb angehen. Sie wollen die starke Präsenz in der Öffentlichkeit, da wird im Verlauf des Cup-Wettbewerbs nichts mehr abgeschenkt, sondern auf den Höhepunkt des Jahres hingearbeitet. Der Finaltag der Amateure ist längst zum Feiertag für alle geworden. Und zu einem Sprungbrett ins Rampenlicht mit dem vorläufigen Höhepunkt in diesem Jahr: Landespokalsieger Bielefeld, dessen Reise am Finaltag der Amateure 2024 mit dem Sieg gegen Verl begann, steht nach Sendeende des diesjährigen Finaltags der Amateure im „großen“ DFB-Pokalfinale! 

Was waren Ihre persönlichen Highlights in den bisherigen neun Jahren? 

Brennecke: Gänsehautmomente erlebe ich in jedem Jahr: Nämlich immer dann, wenn ich vorab den TV-Trailer für das Ereignis anschauen darf und am Tag nach den Spielen die Quoten in den Blick nehme. Zu den Highlights gehören aber auch die vielen positiven Reaktionen und die Erkenntnis, dass selbst Bastian Schweinsteiger und Esther Sedlaczek ein paar Minuten auf unsere Veranstaltung warten würden. 

Was hat es damit auf sich? 

Geske: Um auch die Partien der abschließenden dritten Konferenz vollständig zeigen zu können, haben wir im vergangenen Jahr einen möglichen zeitlichen Puffer gestattet bekommen. Dieser hätte dann die beiden als Kommentatoren-Duo beim abendlichen DFB-Pokalfinale in Berlin betroffen.

Brennecke: Und genau diese Planung zeigt doch die Wertschätzung des Finaltags der Amateure. Das war ein Ritterschlag. 

Und was waren Ihre Highlights, Herr Geske? 

Geske: Ich betrachte nicht das einzelne Ereignis, mir bereitet die Sicht der Metaebene Riesenfreude. Wenn ich sehe, wie alle ARD – Rundfunkanstalten und die Fußball-Landesverbände an einem Strang ziehen und alle Kolleg*innen mit Leidenschaft dabei sind, macht das den Tag für mich zu einem besonderen.

Ist eine vergleichbare Veranstaltung im Frauenfußball oder anderen Sportarten denkbar? 

Geske: Das ist ja bereits Realität. Der Finaltag der Amateure ist zur Blaupause für „Die Finals“, also die gemeinsamen Deutschen Meisterschaften vieler Sportarten mit Übertragung in ARD und ZDF alle zwei Jahre, geworden. 

Brennecke: Im Hinterkopf haben wir derzeit die Synchronisierung der Halbfinals, nicht um alle 42 Spiele live zu zeigen, aber eine flächendeckende Berichterstattung im Online-Bereich umzusetzen. Technisch wäre ein Finaltag auch bei den Frauen oder A-Junioren denkbar. Man sollte allerdings immer schauen, ob ein Wettbewerb in der Fläche schon so weit ist und nicht überdrehen. 

Viele Fußballfans empfinden das Zusammenspiel der Landespokalfinals mit dem Finale im DFB-Pokal am gleichen Abend als perfekte Symbiose. Wird für Sie das Spiel in Berlin zwischen dem VfB Stuttgart und Arminia Bielefeld, das das ZDF überträgt, zum entspannten Ausklang eines geschäftigen Abends?

Brennecke: Das Finale in Berlin ist zweifellos sowohl für die Übertragungsteams der Landesrundfunkanstalten als für die Mitarbeiter*innen in den Landesverbänden der Moment, in dem die Anstrengungen des eigenen Landespokalendspiels abfallen und das Finale der Profis in Berlin dem bundesweiten Feiertag des Fußballs die Krone aufsetzt.

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